Eine quellnahe Näherungslösung für die monoenergetische stationäre eindimensionale Neutronen Transportgleichung mit anisotroper Streuung

Eine allgemeine Lösung des Transportproblems bzw. der Boltzmannschen Transportgleichung für Neutronen läßt sich wegen zu großer mathematischer Schwierigkeiten bekanntlich nicht angeben [1], [2], [3]. Neben verschiedenen spezielleren Lösungsverfahren seien hier nach [4] folgende drei Wege genannt, die vorzugsweise zur Behandlung von Neutronentransportproblemen beschritten wurden: 1. die Momentenmethode, 2. die Vielfachstoßmethode und 3. die $S_{n}$-Methode. 2. und 3. sind für Rechenmaschinenprogramme vorgesehen. 1. hat bei Entwicklung der Winkelverteilung nach Legendreschen Polynomen den Vorteil, daß es beim Abbrechen mit der ersten Ordnung bekanntlich auf Lösungen der Diffusionsgleichung führt, die in der Regel elementar oder mindestens mathematisch leicht durchsichtig sind. Der Nachteil der Methode 1 beruht auf ihrer langsamen Konvergenz. Andererseits sind für den mit Neutronen experimentierenden Physiker mathematische Lösungen, die nur als Kurvenseharen oder Tabellen mitteilbar sind, besonders bei Abhängigkeit von einer größeren Parameterzahl weniger brauchbar als solche, die vielleicht nicht so gute Näherungen darstellen, dafür aber mathematisch durchsichtig sind und deshalb physikalische Sachverhalte ohne großen Aufwand vor dem Experiment abschätzen lassen. Um das zu erreichen, geht diese Arbeit von der traditionellen Kugelfunktionsmethode aus. Da diese in niedrigster Ordnung (d.h. bei nahezu isotroper Winkelverteilung in ausgedehnten Streumedien) auf elementare Lösungen führt, soll hier zunächst nach einer möglichst elementaren Lösung für den entgegengesetzten Fall (d.h. anisotrope Winkelverteilung in engen, vorwiegend absorbierenden Medien) gesucht werden. Hat man eine solche Lösung gefunden, so könnte man daran denken, etwa mit Hilfe empirischer Parameter aus jenen beiden entgegengesetzten einfachen Lösungen eine Kombination herzustellen, die man - unter Inkaufnahme gewisser Ungenauigkeiten - in jedem Fall als einfache und durchsichtige Lösung der Transportgleichung anwenden könnte. Natürlich will und kann ein solches Verfahren mit den in den letzten Jahren veröffentlichten numerischen Lösungsmethoden an Genauigkeit nicht konkurrieren. Die vorliegende Arbeit geht aus diesen Gründen bewußt von einfachsten Voraussetzungen aus, verzichtet auf Zeit- und Energieabhängigkeit und beschränkt sich auf die Aufstellung einer Lösung, die die Rolle jener zur Diffusionstheorie entgegengesetztenNäherung übernehmen soll. Dazu wird die bekannte Kugelflinktionsreihe zur Lösung der Transportgleichung (2.1.1) umtransformiert in eine asymptotische Reihe, die dann rasch konvergiert, wenn die ursprüngliche Reihe besonders langsam konvergiert. Unter dementsprechenden Vernachlässigungen werden im Abschnitt 2 der Arbeit die Näherung hergeleitet, ihre Gültigkeitsschranken untersucht sowie die Randbedingungen formuliert. Im Abschnitt 3 werden dann die mathematischen Ergebnisse physikalisch interpretiert; außerdem soll an zwei einfachen Anwendungsbeispielen gezeigt werden, daß die erhaltene Lösung nicht im Widerspruch zu dem steht, was physikalisch zu erwarten ist