Betreuungsmodelle bei gemeinsamer Obsorge getrennter Eltern : rechtlicher Rahmen und gelebte Wirklichkeit

Im Rahmen des Themas „gemeinsame Obsorge“ für ein gemeinsames Kind stellt sich für die Eltern natürlich auch die Frage, wie denn diese konkret ausgestaltet werden soll. Können die Eltern nach Belieben eine Vereinbarung treffen, gibt es gesetzliche Rahmenbedingungen, welche einen Spielraum zulassen oder gar bestimmte explizite Vorgaben?Die Regelung der Betreuung eines Kindes ist in Österreich durchaus umstritten und wird mitunter auch als veraltet angesehen, da der Gesetzgeber konkret nur ein einziges Betreuungsmodell das „Heim erster Ordnung“ vorsieht; den Eltern wird somit nur ein geringer Spielraum geboten, ihr „Familienleben“ hinsichtlich des Kindes nach der Scheidung bzw Trennung gestalten zu können.Es ist nichts Neues, dass die Realität hinsichtlich diverser gesetzlicher Bestimmungen oftmals anders gelebt wird, so auch nicht auf dem Gebiet der Betreuungsmodelle bei gemeinsamer Obsorge getrennter Eltern. Diese praktizieren durchwegs auch vom Gesetzeswortlaut abweichende Modelle, in der Meinung, dass sie am besten befähigt seien, das Wohl ihres Kindes zu fördern und die Lage korrekt einzuschätzen.Sollten Eltern aber nicht mehr die gleiche Meinung diesbezüglich vertreten, wird automatisch das Gericht bemüht, welches sich aber bei seiner Urteilsschöpfung natürlich nicht an die gelebte Praxis, sondern an die Gesetze zu halten hat. So traten gerade auf diesem Gebiet Unklarheiten auf, ob es denn rechtmäßig sei, dass durch Gesetze derart in die Familienautonomie eingegriffen wird. Der VfGH musste sich mit dieser Problematik auseinandersetzen und versuchte einen Weg zu gehen, um einerseits Eltern mehr Spielraum zu ermöglichen, andererseits aber die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen (und andere damit eng verknüpfte Bereiche) unangetastet zu lassen.Irgendwann wird sich der österreichische Gesetzgeber jedoch zwangsläufig mit einer Neuregelung des Themas „Betreuungsmodelle“ auseinandersetzen müssen, möchte Österreich nicht als rückständig gelten. Einige andere Länder eröffnen Eltern mittlerweile die Möglichkeit, nicht nur das sog „Residenzmodell“ leben zu müssen. Diesem und den zuvor genannten Punkt/-en widmet sich die vorliegende Arbeit.AbstractIn the context of the topic "shared custody" for a common child, the question naturally arises for the parents as how that should be shaped in concrete terms. Are they able to make an agreement at will, are there legal frameworks that allow room for such agreements or are there even certain explicit requirements?In Austria, the regulation of the care of a child is quite controversial and is also sometimes regarded as outdated, because the legislator specifically provides only a single model of care the “home of first order”; thus, there is only a small space for parents to be able to design their "family life" with regard to the child after divorce or separation.Its nothing new, that reality is often lived unlike various legal provisions likewise not in the area of models of care as part of shared custody of separated parents. They are also practicing models in a different way to the law, in the opinion, that they are best qualified to promote the well-being of their child and to assess the situation correctly.If parents dont have the same opinion in this matter anymore, they automatically turn to the court, which, of course, has to adhere to the laws in its creation of judgment and not to the lived reality. Thus, particularly in this area, it was unclear whether it is lawful to impair the autonomy of families through legislation in this way. The Constitutional Court of Austria had to deal with this problem, on the one hand, trying to find a way to enable more space for parents, on the other hand, leaving the corresponding legal provisions (and other closely linked areas) untouched. However, the Austrian lawmaker will inevitably have to deal with a new regulation of the subject “models of care”, if Austria doesnt want to be considered as backward. Meanwhile, some other countries offer parents the opportunity to live not only the so-called “residence model”. This work deals with that point and the points mentioned above.von: Thomas HeligeAbweichender Titel laut Übersetzung des Verfassers/der VerfasserinKarl-Franzens-Universität Graz, Diplomarbeit, 2017(VLID)191535