Ein Beratungskonzept für die Zusammenarbeit zwischen Eltern mit Deutsch als Zweitsprache und Logopäd*innen

Bis anhin gab es in der Logopädie kein Konzept, mit dem Eltern von mehrsprachigen Kindern mit einer Sprachentwicklungsstörung auf Kindergartenstufe beraten werden können. Der Fokus wird deshalb auf die Kindergartenstufe gelegt, weil sprachlich auffällige Kinder spätestens ab Eintritt in den Kindergarten mit der Logopädie in Berührung kommen und spätestens dann ein adäquates Therapiesetting erhalten sollten. Dazu gehört auch die Beratung der Eltern. Ziel dieser Arbeit ist deshalb die Entwicklung eines praxistauglichen Konzepts, mit dem zu Themen im Bereich Spracherwerbsstörungen bei Mehrsprachigkeit beraten werden kann. Zur Erreichung dieses Ziels wurden zwei Forschungsfragen formuliert, wobei Forschungsfrage 2 im Verhältnis zu Forschungsfrage 1 inhaltlich zurückgestellt wurde: 1. Welches Modell für Elternzusammenarbeit eignet sich aus Sicht der Literatur sowie im Kontext der Volksschule und wie lässt es sich in Form eines geeigneten Beratungskonzeptes umsetzen? 2. Wie können Eltern gezielt und alltagsintegriert die sprachliche Entwicklung ihrer Kinder fördern? Für die Beantwortung der Forschungsfragen wurden aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse zu Elternzusammenarbeit in der Logopädie und zur Förderung der sprachlichen Entwicklung von mehrsprachigen Kindern zusammengetragen. Die gewonnenen Erkenntnisse oder dabei neu aufgekommene Fragen, die sich mit Blick auf die logopädische Praxis ergaben, wurden mithilfe eines qualitativen Forschungsdesigns evaluiert. Dazu wurden Daten über ein teilstandardisiertes Experteninterview erhoben und mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2012) ausgewertet. Als Ergebnis der Befragung und vor dem Hintergrund der Erkenntnisse aus der Theorie kristallisierten sich im Wesentlichen fünf Themenbereiche heraus, die Eingang in das Beratungskonzept fanden. Das Konzept selbst basiert auf den klientenzentrierten und systemischen Grundhaltungen sowie den Beratungsbausteinen nach Büttner und Quindel (2013). Die fünf in das Beratungskonzept integrierten Themenbereiche sind: 1) Mögliche Tabuisierung der Diagnose Sprachentwicklungsstörung bei Mehrsprachigkeit (SESm) durch die Eltern. Die Tabuisierung zu erkennen und mittels gezielter Informationen abzubauen, kann den Weg für die Elternberatung ebnen. 2) Der Einbezug der Eltern in die Festlegung der Therapieziele, um den Eltern eine verantwortliche Rolle im Therapieprozess geben zu können. 3) Die Beseitigung von elterlicher Unsicherheit und/oder fehlendem Wissen in Bezug auf Mehrsprachigkeit. 4) Beratung zu sprachförderlichen Verhaltensweisen im Familienalltag, um die Rolle der Familie als zentralen Kontextfaktor in der sprachlichen Entwicklung des Kindes zu stärken. Durch sprachförderliches Interaktionsverhalten wird die sprachliche Entwicklung des Kindes unterstützt. 5) Videoanalysen als Methode zur Vermittlung sprachförderlicher Verhaltensweisen. Das entstandene Beratungskonzept mit den zugehörigen Arbeitspapieren soll Logopäd*innen ungeachtet ihrer Berufserfahrung als nützliches Arbeitsinstrument in der Elternberatung dienen