Erklärungsansätze für die Inanspruchnahme der Peritonealdialyse auf Patient*innenebene

Die Hämodialyse (HD) und Peritonealdialyse (PD) gelten als medizinisch gleichwertige Behandlungsverfahren für Patient*innen mit terminaler Niereninsuffizienz. Die PD-Rate liegt in Deutschland zwischen 7 und 9,3 %. Bei gleichwertiger Aufklärung und freier Behandlungswahl wird diese auf 20-40 % geschätzt. Die Inanspruchnahme der PD in Deutschland gilt daher als unterrepräsentiert. In drei Forschungsarbeiten werden folgende Erklärungsansätze für die Inanspruchnahme der PD auf Patient*innenebene aufgezeigt: (1) Eine hohe interne Kontrollüberzeugung als patient*innenseitige Einstellung kann förderlich für die Inanspruchnahme einer PD sein. (2) Ein Anteil von 56 % der befragten HD-Patient*innen wurde über verschiedene Dialyseverfahren informiert. Höher gebildete und jüngere HD-Patient*innen wiesen eine höhere Chance auf, diese Informationen zu erhalten. Informierte HD-Patient*innen bewerteten die partizipative Entscheidungsfindung höher als nicht-informierte HD-Patient*innen. (3) Abrechnungsdaten zweier Krankenkassen zeigen einen Zusammenhang zwischen der Inanspruchnahme der PD und einer frühzeitigen Überweisung in die Nephrologie mehr als sechs Monate vor der ersten Dialyse. Die Arbeit identifiziert so mit Analysen einer Patient*innenbefragung und Abrechnungsdaten zweier Krankenkassen drei Erklärungsansätze für die Inanspruchnahme der PD auf Patient*innenebene. Sie liefert ebenfalls einen Beitrag zur Erklärung der niedrigen PD-Rate in Deutschland. Die Einordnung der Ergebnisse in das Verhaltensmodell zur Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen nach Andersen zeigt auf, dass die identifizierten Erklärungsansätze nicht nur patient*innenseitige Faktoren enthalten. Vielmehr beleuchtet die Einordnung der Informationsvermittlung und gemeinsamen Entscheidungsfindung sowie der frühzeitigen Überweisung auch die Relevanz von Interaktionsprozessen zwischen Ärzt*innen und Patient*innen für die Inanspruchnahme der PD. Zusätzlich bietet die Arbeit Möglichkeiten zur Operationalisierung von unabhängigen Variablen für Andersens Verhaltensmodell sowohl aus Primär- als auch aus Sekundärdaten