Kollektive Erfahrungen und Stimmungen des Ersten Weltkriegs in literarischen Autobiographien

Ziel dieser Arbeit es es anhand autobiographischer Texte von Schriftstellern und Schriftstellerinnen der Monarchie Österreich-Ungarns zu untersuchen welche kollektiven Erfahrungen und Stimmungen während des Ersten Weltkrieges prägend waren. Primär werden dabei die Autobiographien von Richard A. Bermann, Alexander Granach, Minna Lachs, Manès Sperber und Stefan Zweig untersucht. Zeitgenössische autobiographische Texte, wie Tagebücher, Essays und Zeitungsartikel, dienen einerseits ebenfalls als Quellen und sollen andererseits die mit Autobiographien einhergehenden Probleme, vor allem bezüglich des Rekonstruktionscharakters von Erinnerungen, entschärfen. Durch einen Vergleich der Quellen mit der Sekundärliteratur soll festgestellt werden, wie repräsentativ die Texte sind und inwiefern die Erfahrungen und Stimmungen kollektiv oder milieuspezifisch geprägt waren. Dies soll durch die Analyse der Kriegsbegeisterung, der Kriegserfahrungen und der Konfliktlinien innerhalb der Kriegsgesellschaft festgestellt werden. In Bezug auf die Kriegserfahrungen sind die Wahrnehmung von Versorgungsengpässen, die Schilderung des Todes und die Problematik von Besatzung und Flucht relevant. Die Konfliktlinien betreffend wird auf den Nationalitätenkonflikt, Kontroversen innerhalb der Armee, Konflikte zwischen dem zivilen und dem militärischen Milieu und auf Spannungen innerhalb der Zivilbevölkerung eingegangen. Die Analyse zeigt, dass es sich bei den meisten kollektiven Erfahrungen und Stimmungen nicht um gesamtgesellschaftliche Phänomene handelte, sondern um milieuspezifische. Besonders interessant ist, dass in den Quellen bereits eine Relativierung der Kriegsbegeisterung bezüglich gewisser Milieus erfolgt und der Mythos dadurch als solcher entlarvt wird. Außerdem zeigt die Untersuchung, dass die Lebensmittelknappheit in Zusammenhang mit den verschiedenen Spannungen innerhalb der Bevölkerung, insbesondere in Bezug auf den Nationalitätenkonflikt, besonders relevant war, da sich diese Erfahrungen und die damit einhergehenden Stimmungen gegenseitig beeinflussten und verstärkten.The aim of this paper is to analyze on the basis of autobiographical texts written by authors of the Austro-Hungarian Empire which collective experiences and moods were characteristic during World War I. Primarily the autobiographies by Richard A. Bermann, Alexander Granach, Minna Lachs, Manès Sperber and Stefan Zweig will be taken into consideration. Apart from that, contemporary autobiographical texts, such as diaries, essays and newspaper articles, will on the one hand serve as sources as well and shall on the other hand alleviate problems that often accompany autobiographies, especially concerning the nature of reconstruction memories. By comparing the primary sources with secondary literature it will be assessed to what extent these texts are representative and in what way these experiences and moods can be viewed as collective or related to social backgrounds. This shall be achieved by analyzing war enthusiasm, war experiences and lines of conflict within a wartime society. As related to war experiences, the perception of shortage of supply, the descriptions of death and the problems associated with occupation and flight will be treated as relevant aspects. Concerning lines of conflict, the conflict between nationalities, controversies within the army, clashes between civilians and the military and tensions within the civilian population will be addressed. In doing so, the analysis shows that most collective experiences and moods are not phenomena of the society as a whole, but strongly related to social backgrounds. Of particular interest is that already the sources put the war enthusiasm with regard to certain social backgrounds into perspective and the myth is therefore exposed as such. Furthermore, the study indicates that food shortage in connection with various tensions within the population and especially regarding the conflict between nationalities played a vital role, because these experiences and the mood related to them affected each other mutually and even amplified the situation.vorgelegt von Corinna BargehrZsfassung in dt. und engl. SpracheGraz, Univ., Dipl.-Arb., 2012(VLID)22427