Ein Rechtsrahmen für algorithmische Marktaktivität – Kartellrecht und weitere Instrumente

Obschon sich der Bezug von Kartellrecht und Algorithmen bzw. so genannter «Künstlicher Intelligenz» (KI) nicht unmittelbar aufdrängen mag, ist dennoch in jüngster Zeit eine intensive Diskussion über diesen Schnittbereich entbrannt. Selbst wenn die heute verwendeten Algorithmen vielfach noch nicht allzu «intelligent» sind, geht die Tendenz klar hin zu komplexeren Systemen, die einen disruptiven Effekt auf fast alle Aspekte unseres Lebens zu entfalten vermögen. Bereits heute können Algorithmen, die in verschiedensten Branchen zum Einsatz kommen, weitreichenden Einfluss auf Art und Bedingungen von wettbewerblichem Marktverhalten haben. Allein schon diese Überlegung zieht das Kartellrecht in die Verantwortung, die Auswirkungen von algorithmischem Marktgeschehen zu untersuchen und bei Wettbewerbsverzerrung einzugreifen. Ein Hauptaugenmerk liegt dabei derzeit auf der Interaktion von Algorithmen und dem hierdurch gegebenen kollusiven Potential; ein weiteres Thema ist die algorithmische Preisbindung zweiter Hand. Es erscheint fraglich, ob das Kartellrecht in seiner jetzigen Form bereits die nötigen Regeln und Techniken vorhält, um solchen Problemen vollumfänglich begegnen zu können. Das machte einen Blick in andere, mit algorithmischen Phänomenen bereits länger befasste Rechtsgebiete sinnvoll, um für das Kartellrecht von deren Erfahrungen zu lernen. Vor diesem Hintergrund verfolgt der hiesige Beitrag einen dreigliedrigen Ansatz: Im ersten Teil werden wichtige Beispiele dafür gegeben, wie andere Rechtsgebiete mit algorithmischer Marktaktivität umgehen. Der zweite Teil skizziert drei prototypische kartellrechtliche Problemstellungen im Zusammenhang mit Algorithmen. Im dritten und letzten Teil schliesslich wird die Frage aufgeworfen, ob die aktuelle kartellrechtliche Toolbox genügt, um solchen Problematiken zu begegnen, ob und welche Konzepte von anderen Rechtsgebieten übernommen werden sollten und wo neue Regelungsinstrumente nötig erscheinen