Das Erbe der Pinochet-Diktatur unter besonderer Berücksichtigung der Aufarbeitung der Diktatur im offiziellen chilenischen Schulgeschichtsbuch der Sekundarstufe II

Am 11. September 1973 wurde das Projekt der Regierung Salvador Allendes, auf grundsätzlich demokratischem Weg ein sozialistisches Gesellschaftssystem zu etablieren, durch einen blutigen Putsch des Militärs abrupt gestoppt. Das demokratisch regierte Chile wurde von diesem Zeitpunkt an bis zum März 1990 von einer Militärjunta unter der Federführung von General Augusto Pinochet diktatorisch regiert. Die Diktatur währte anderthalb Jahrzehnte, über 3.000 Menschen wurden von dem Regime umgebracht, an die 30.000 verhaftet und gefoltert, Hunderttausende ins Exil getrieben. Zwei grosse Hinterlassenschaften der Diktatur waren auffällig, nämlich die massiven Menschenrechtsverletzungen und die wirtschaftliche Prosperität. Diese beiden Punkte spalten die chilenische Gesellschaft bis heute und verlangen eine Auseinandersetzung. Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Auseinandersetzung des aktuellen, offiziellen chilenischen Geschichtsschulbuches der Sekundarstufe II mit der Epoche der Pinochet-Diktatur. Es wurde untersucht, wie es die Epoche von 1973-1990 widerspiegelt, und zwar sowohl im Hinblick auf historisch-inhaltliche Einordnungen als auch Interpretationen. Weiter wurde versucht zu ergründen, weshalb die Zeit der Militärdiktatur bis heute in der chilenischen Gesellschaft so kontrovers diskutiert wird. Dass die chilenische Geschichte trotz eines mehrfach geforderten Perspektivenwechsels meist als pro, aber auch contra Pinochet wahrgenommen wird, ist ein wesentlicher Befund der Arbeit. Die Autoren des untersuchten Schulgeschichtsbuches versuchten dem entgegenzuwirken, indem sie versuchten möglichst sachlich über die Epoche der Diktatur zu informieren. Das Schulbuch überzeugt durch seine Multiperspektivität, es lässt kontroverse Interpretationen zu und ermöglicht ein ‚offenes Geschichtsbild‘. Verbesserungsfähig ist es bei einzelnen Abschnitten, wo die Autoren dazu neigten zentrale Textstellen unkritisch und unkommentiert zu belassen