Externe Wissensintegration und das Not-Invented-Here Syndrom: Eine empirische Analyse der Reduktion negativer Einstellungen in Bezug auf externes Wissen im Organisationskontext

Unter Schlagworten wie Open Innovation, Crowdsourcing oder Co-Creation haben Unternehmen in den vergangenen Jahren verstärkt damit begonnen, ihren Innovationsprozess zu öffnen. Hierdurch erhoffen sich Unternehmen, Wissen externer Akteure zu identifizieren und für kommerzielle Zwecke nutzbar zu machen. Jedoch deuten vermehrt Beispiele der Praxis sowie der Literatur darauf hin, dass der erfolgreichen Absorption externen Wissens zahlreiche Barrieren gegenüberstehen und Open Innovation nicht per se zu einer gesteigerten Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit führt. Die hierbei innerhalb der Literatur des Innovationsmanagements am häufigsten zitierte Barriere, welche die Integration externen Wissens verlangsamt oder aufhält, ist das Not-Invented-Here (NIH) Syndrom. Das NIH Syndrom bezeichnet eine negative Einstellung von Organisationsmitgliedern gegenüber extern generiertem Wissen, das ungeachtet seines ökonomischen Wertes systematisch abgewertet oder abgelehnt wird. Für Organisationen führt dies zu wirtschaftlichen Beeinträchtigungen, wenn externes Wissen abgelehnt oder nicht ausreichend genutzt wird, obwohl es potenziell von ökonomischem Wert ist. Trotz der negativen Implikationen des NIH Syndroms für den interorganisationalen Wissenstransfer ist bislang wenig darüber bekannt, wie NIH-Tendenzen betroffener Organisationsmitglieder effektiv reduziert werden können. Durch einen interdisziplinären Forschungsansatz widmet sich die vorliegende Arbeit dieser Forschungslücke, indem zwei Forschungsfragen Beantwortung finden: 1.) Wie können negative Einstellungen gegenüber externem Wissen im Organisationskontext effektiv reduziert werden? 2.) Durch welchen psychologischen Prozess können die Einstellungsänderungen erklärt werden? Durch die Verbindung sozialpsychologischer Forschung mit Forschung des Innovations- und Wissensmanagements werden neben einem verbesserten Verständnis über die Ursachen des NIH Syndroms vor allem Erkenntnisse darüber gewonnen, wie das NIH Syndrom im Organisationskontext reduziert werden kann. Hierfür wurden drei kommunikative Interventionen entwickelt und empirisch überprüft, um negative Einstellungen gegenüber externem Wissen zu positiveren und somit das NIH Syndrom abzubauen. Der empirische Teil der Arbeit basiert auf einem sequentiellen Mixed-Design bestehend aus vier qualitativen Fallstudien und drei experimentellen Studien (N = 1.680), welche in einem multinationalen Unternehmen durchgeführt wurden. Die empirischen Ergebnisse zeigen, dass eine Intervention der Rekategorisierung, bei welcher vor dem Erstkontakt mit externem Wissen die Gemeinsamkeiten von Wissengebern und Wissensrezipienten in einer übergeordneten Kategorie aufgezeigt werden, das NIH Syndrom vollständig abbaut. Eine Intervention der positiven Kommunikation über externe Quellen (Affirmation) zeigte indes nicht denselben positiven Effekt auf das NIH Syndrom. Der angenommene psychologische Prozess einer gesteigerten kognitiven Flexibilität durch eine Rekategorisierung konnte nicht empirisch nachgewiesen werden. Implikationen für Theorie und Praxis werden diskutiert