Erzählungen von Studierenden im Unterricht didaktisch nutzbar machen

Die Anforderungen für Berufsangehörige der Pflege steigen stetig. Pflegefachpersonen müssen im-mer komplexere Situationen in ihrem Arbeitsalltag bewältigen können. Die Bildungsinstitutionen sind gefordert, diesen Ansprüchen immer einen Schritt voraus zu sein. Die gesetzlichen Vorgaben (Be-rufsbildungsgesetz, Berufsbildungsverordnung und Verordnung über die Mindestvorschriften für die Anerkennung von Bildungsgängen und Nachdiplomstudiengängen der höheren Fachschule) und das Rahmencurricula des Bildungszentrums für Gesundheit und Soziales in Weinfelden berücksichtigen die Verantwortungsverteilung über die Ausbildung zur diplomierten Pflegefachfrau HF und zum dip-lomierten Pflegefachmann HF (BfGS, 2012). Dazu gehört, dass die Arbeit mit Fällen bereits jetzt ein wichtiger Bestandteil von Ausbildungen im Be-reich Pflege ist. Sie finden Platz im Unterricht und in den verschiedenen Prüfungssettings. Auch die Studierenden fordern heute einen praxisorientierten Unterricht, in dem sie auf die Herausforderungen in ihrem Arbeitsalltag vorbereitet werden. Sie wünschen ihre Erfahrungen anhand von Fallbeispielen erweitern zu können. So stellt sich die Frage, welche Vorgehensweisen Lehrpersonen brauchen, um Fallschilderungen von Studierenden im aktuellen Unterricht didaktisch nutzbar zu machen. Dazu wird die Literatur gesichtet und vertieft, um zuerst einmal Fälle definieren zu können. Weiter findet eine Auseinandersetzung mit der Arbeit mit Fällen statt. Diese Zeigt die Möglichkeiten und allfällige Grenzen von Fallarbeit in der Pflege auf. Es zeigt sich, dass die Definition von Fällen eine hoch anspruchsvolle Angelegenheit ist. Ihnen liegen hauptsächlich unterschiedliche Denkweisen zu Grunde (Hundenbon, 2007, S.11). Steiner (2004) zeigt seine fünf verschiedenen Arten von Fällen auf. Es sind das der Störfall, das Exemplum, das Problem, das paradigmatische Vorbild und die Geschichte. Der Unterschied liegt jeweils im Inhalt des Erzählten und sie beinhalten teilweise bereits eine Zielrichtung für die Bearbeitung. Für die Nutzung von Fällen in der aktuellen Unterrichtssituation eignet sich die Falltypen des Einzelfallprojektes und der Fallarbeit (ebd. 2004). Die Fallarbeit in der Pflege zeichnet sich speziell durch die Kompetenzerweiterung im Sinne von Benner (1994) und Dreyfus & Dreyfus (2000), mit ihrem fünf Stufen Modell aus. Anfänger brauchen im Gegensatz zu den Experten andere Informationen zu einem Fall. Während bei Neulingen das deklarative Wissen eine grosse Rolle spielt, nutzten Experten hauptsächlich das prozedurale Wissen. Mit diesen Unterschieden können Lehrpersonen unter fünf Fallvarianten für die Bearbeitung auswählen. Hundenborn zeigt die Einbindung in den Pflegeprozess auf und wann welche der unter-schiedlichen Fallvarianten sinnvoller Weise eingesetzt werden kann (Hundenborn, 2007, S.75). Für die Bearbeitung von Fällen eignen sich die Vorgehensweisen nach Kaiser & Künzel (2007) und die Erweiterung nach Steiner (1998). Kaiser & Künzel teilen ihre fünf Schritte in die Geschichte, die Beschreibung, die Analyse, die Varianten durchspielen und die Konsequenzen ziehen ein (Kaiser & Künzel, 1996, S.17fff). Steiner erweitert diese fünf Schritte und ergänzt weitere fünf Schritte. In die Aufgabe der Lehrpersonen fällt somit die Steuerung, Kontrolle und Betreuung der Studierenden in den einzelnen Schritten. Somit kann davon ausgegangen werden, dass es möglich ist, Fälle in der Pflegeausbildung im aktuel-len Unterricht spontan zu nutzen. Mit der Frage nach der Spontaneität kommt zusätzlich die weiterführende Frage auf, ob es sinnvoll ist von einem durch eine Lehrperson geplanten und bereits didaktisierten Unterricht abzuweichen. Grenzen bei der Arbeit mit Fällen ergeben sich durch die Moti-vation und Mitarbeit der Studierenden, den Fall selber und die Erfahrung der Lehrperson mit Fällen. Studierende sollten mit zunehmenden Kompetenzen und Erfahrungen in der Fallarbeit fähig sein, Fälle selbständig mit den Schritten nach Kaiser & Künzel (2007) oder der Erweiterung nach Steiner (2004) zu lösen. Lehrpersonen brauchen für ihre Vorgehensweise, Fälle im Unterricht zu nutzen fachdidaktische, methodische und soziale Kompetenzen. Dies ist unabhängig davon, ob die Fälle spontan oder nicht angewendet werden. Lehrpersonen müssen offen sein für andere Sichtweisen, Handlungen und Haltungen als ihre eigene