Polit-oekonomische Betrachtungen zur Sozialdemokratie Die Wirtschaftspolitik der 'Neuen Mitte' im Lichte von Public Choice- und Agenda-Theorie

Seit geraumer Zeit ist in Deutschland eine Diskussion um die Zukunft der Sozialdemokratie entbrannt. Grob wird dabei zwischen den 'Traditionalisten' und den 'Modernisierern' unterschieden: Die Traditionalisten werden als Bewahrer der herkoemmlichen Interpretation sozialdemokratischer Grundwerte verstanden, waehrend die Modernisierer auf eine zeitgemaesse Anpassung der Interpretation an sich veraendernde Rahmenbedingungen draengen. Vor diesem Hintergrund macht es sich der Autor zur Aufgabe, diese Entwicklungen - also die Neuausrichtung der Sozialdemokratie in ihren wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Kernkompetenzen bei gleichzeitigem massiven Verlust an Zustimmung und Bindungsfaehigkeit - in einem Modell rationalen Handelns zu erklaeren. Dazu wird in einem ersten Schritt zunaechst das traditionelle Rational bzw. Public Choice-Modell in seiner praeskriptionsfaehigen Form skizziert. Aufgrund der zahlreichen Konsistenzprobleme wird es im Folgenden durch ein Agenda-Modell ergaenzt, das verspricht, den besonderen Auspraegungen moderner Demokratien - dem Erlebnischarakter von Politik in einer Mediendemokratie - besser Rechnung tragen zu koennen. In einem dritten Schritt werden auf Grundlage dieser beiden Modelle sehr verschiedene Schlussfolgerungen fuer die strategische Politikausrichtung der Sozialdemokratie gezogen. Im Mittelpunkt stehen dabei die ideologische Positionierung sowie die Medienorientierung. In einem Fazit merkt der Verfasser an, dass moeglicherweise die Akzeptanz und Unterordnung unter einen unkritisch hingenommenen neoliberalen Diskurs im Sinne einer 'Politik des Machbaren' fuer eine sozialdemokratische Regierungspartei eben nicht aufgehen kann, auch wenn man auf politisches Fuehrungspersonal mit Charisma und ausgepraegter Inszenierungsfaehigkeit zurueckgreifen kann. Vielleicht muss sich die Sozialdemokratie ueber einige Essentials klar werden, die die Veraenderung des alten 'keynesianischen Wohlfahrtsstaates' genauso zulassen, wie sie die klare ideologische Differenz zu den konservativ-buergerlichen Etatisten aufrecht erhalten und die rekonstruierte Interventionsmacht der Politik gegen die Macht der Maerkte und Unternehmen und die Interessen der Leistungselite verteidigen. (ICG2)Available from Hamburger Universitaet fuer Wirtschaft und Politik, Fachgebiet VWL, Hamburg (DE) / FIZ - Fachinformationszzentrum Karlsruhe / TIB - Technische InformationsbibliothekSIGLEDEGerman