Islamische Vereine und Verbaende in Deutschland

'Die Geschichte des Islams in Deutschland reicht zurueck bis in die Zeit der Tuerkenkriege. Aus vielen Gruenden haben Muslime sich in Deutschland aufgehalten. Jedoch brachte erst die Arbeitsmigration Mitte des 20. Jahrhunderts Maenner und Frauen islamischen Bekenntnisses in groesserer Zahl nach Westdeutschland. Der Anwerbestopp im Jahre 1973 gab den wichtigsten Impuls dazu, dass diese Menschen sich fuer einen dauerhaften Verbleib in der Bundesrepublik entschieden. Sie und ihre Kinder und Enkelkinder bilden bis dato die groesste Gruppe hier lebender Muslime. Doch nicht nur Arbeitsmigranten und ihre Nachkommen, auch muslimische Studierende, Fluechtlinge aus Kriegsregionen und politisch Verfolgte und nicht zuletzt deutsche Konvertiten zum Islam gehoeren ins Bild der mehr als drei Millionen Muslime in Deutschland. Die Mehrheit unter ihnen, mehr als zwei Millionen, stammen aus der Tuerkei. Weitere Hauptherkunftslaender sind der Libanon, Iran, Afghanistan, Bosnien-Herzegowina und der Kosovo. Dies macht bereits deutlich, dass Muslime hierzulande in fast jeder Hinsicht die Vielfalt der islamischen Welt widerspiegeln. Besonders augenfaellig wird das in den Organisationen, die sie sich zur Aufrechterhaltung und Weitergabe der Religionsausuebung geschaffen haben. Die Selbstorganisation der Muslime, die diese anfaenglich ohne materielle wie immaterielle Unterstuetzung leisteten, verlief weitgehend entlang ethnischer, nationaler sowie konfessioneller Grenzen. Es entstanden so ab den fruehen 70er Jahren Zusammenschluesse muslimischer Glaeubiger auf lokaler Ebene. Die einzige Rechtsform, die sie annehmen konnten, war die des eingetragenen Vereins ('e.V.'). Die ersten 'Hinterhofmoscheen' entstanden. Bei der lokalen Ebene sollte es jedoch nicht bleiben. Vereine schlossen sich bald zu Verbaenden zusammen. Die Wege dieser Zusammenschluesse verliefen sowohl formal als auch inhaltlich unterschiedlich. In der Hauptsache drei Organisationsmodelle bildeten sich heraus: Es wurden zentralistische, dezentralistische und foederative Verbindungen eingegangen. Nicht alle Vereine vor Ort lassen sich allerdings unter diese Eckpunkte subsummieren. Bisweilen laesst sich die Zuordnung zu bestimmten Verbaenden nur sehr schwer treffen. Die inhaltliche Ausrichtung der Verbaende folgt im wesentlichen den Auspraegungen des Islams in den Herkunftslaendern. Allen Verbaenden ist dabei gemein, dass sie mittlerweile das Interesse diverser Organisationen in den jeweiligen Herkunftslaendern - hauptsaechlich der Tuerkei - der Muslime geweckt haben. Mittlerweile bestehen rege Kontakte und vielfaeltige Wechselwirkungen auf religioeser, politischer und wirtschaftlicher Ebene. So gibt es unter den tuerkischen Muslimen den Block des staatlich kontrollierten Islams, die eher islamistisch-politische Ausrichtung, mystische und nationalistische Stroemungen. Diese Konstellation ist in mehrfacher Hinsicht problematisch, laesst sie doch die Frage aufkommen, inwieweit das Ziel der Verbaende sich auf die Ermoeglichung der islamischen Religionsausuebung beschraenkt. Die Verflechtung der deutschland- und mittlerweile europaweit vernetzten Verbaende mit Interessengruppen der islamischen Welt bedeutet eine Einflussnahme verschiedenster auslaendischer Organisationen, deren Tragweite nur schwer abzusehen ist.' (Textauszug)Available from UuStB Koeln(38)-20030106443 / FIZ - Fachinformationszzentrum Karlsruhe / TIB - Technische InformationsbibliothekSIGLEaktual. u. erw. FassungDEGerman