Die Soziale Marktwirtschaft Zukunftstraechtiges oder totes Leitbild fuer eine lebensdienliche Ordnungspolitik?

'Die Diskussionen um einen Dritten Weg als 'Systemalternative' zwischen 'Links' und 'Rechts' beruecksichtigen zu wenig die originaere Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft. Dies ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Tatsache bedauerlich, dass diese Wirtschaftsordnung als Paradigma und Leitbild bspw. im Zuge der Oeffnung der mittel- und osteuropaeischen Laender schon einige Male 'geographisch multipliziert' wurde. Eine kritische Auseinandersetzung mit ihren Leitideen und deren Umsetzung in die wirtschafts- bzw. gesellschaftspolitische Praxis wuerde zeigen, dass die Soziale Marktwirtschaft in der heutigen wirtschaftspolitischen Praxis eher auf palaeo- bzw. neoliberale Weise interpretiert wird. Das Papier versucht aufzuzeigen, dass sie ueber zahlreiche theoretische Urspruenge aus den Bereichen der Ethik und Moral, der christlichen Soziallehre, des Liberalismus sowie auch der Klassik verfuegt. Ferner ist die 'Stilidee der Sozialen Marktwirtschaft' offen fuer die Aufnahme weiterer Elemente bzw. Ziele, die es erlauben wuerden, der situativen Bedingungslage der heutigen Gesellschaften Rechnung zu tragen. Dieser Aspekt waere vor allem angesichts der negativen Wirkungen sich globalisierender Maerkte (etwa Arbeitslosigkeit, ungerechte Verteilung, Wohlfahrtsverluste, politische Autonomie) aus vitalpolitischen Gruenden sehr bedeutsam. In modernen Industriegesellschaften besteht zudem der Verdacht, dass sich der Staat nur noch als Anbieter attraktiver Standortbedingungen fuer 'global players' betaetigt. Dass dies zu einer Praedominanz des wirtschaftlichen ueber das gesellschaftliche System fuehrt und zum Nachteil der Mehrheit der in diesen Gesellschaften lebenden Menschen gereichen kann, liegt auf der Hand. Dabei wird getrost weiter auf die Metaphysik des Marktes ('unsichtbare Hand') zur Schaffung eines kollektiven, diffusen Gemeinwohls vertraut. Angesichts dieser Tatsache und einer zunehmenden globalen Verflechtung wirtschaftlicher Aktivitaeten, ungerechter Verteilungswirkungen sowie einer Praedominanz des wirtschaftlichen Subsystems, muss die soziale Marktwirtschaft durch Elemente flankiert werden, wenn sie ihrem originaeren vitalpolitischen Auftrag gerecht werden soll. Eine Buergergesellschaft auf der Grundlage eines republikanischen Liberalismus kann hier bspw. die Moeglichkeit eines Dritten Weges eroeffnen, bei dem das Primat der Buergerfreiheit vor der Marktfreiheit sichergestellt und Chancengleichheit der Individuen gewaehrleistet sowie die notwendigen (oekonomischen, oekologischen und sozialen) 'Lebensmittel' fuer die Menschen bereitgestellt werden. Ein weiterer Weg zur Ueberwindung der globalen Sachzwaenge koennte in der Schaffung transnationaler Maerkte liegen. Die 'Freigabe' eines internationalen bzw. globalen Verkehrs von Waren, Arbeitskraeften und Kapital sollte demnach nur an jenen Orten erfolgen, an denen eine entsprechende Norminstanz zur Legitimation und Durchsetzung einer allgemeingueltigen vitalpolitischen Rahmenordnung vorausgesetzt werden kann. Im Sinne einer evolutiven Oekonomie koennten damit lokal begrenzte und geschuetzte Maerkte neben verschiedenen nationalen, inter-, trans- oder multinationalen Maerkten parallel existieren.' (Autorenreferat)SIGLEAvailable from UuStB Koeln(38)-20020107781 / FIZ - Fachinformationszzentrum Karlsruhe / TIB - Technische InformationsbibliothekDEGerman