Von der Leserwelt zur institutionalisierten Gelehrtenrepublik : Kants Versuch, die Vernunft zu institutionalisieren

Kants Abhandlung Was ist Aufklärung? wurde in der Berlinischen Monatsschrift im Jahre 1784 veröffentlicht. Sie war eine der leitenden Zeitschriften der deutschen Aufklärung im 18. Jahrhundert. Zeitschriften spielten damals eine sehr wichtige Rolle zur Entwicklung der sogenannten "Leserwelt". Auf gleiche Weise wurde auch eine Welt der Ӧffentlichkeit geschaffen, in der Philosophen, Denker, Anhänger der Aufklärung etc. als Schriftsteller zu "räsonnieren" und ihre Meinungen frei zu äußern versuchten. Die Autoren der Zeitschriften wurden auch für Gelehrte gehalten. Kants Schriften in den Zeitschriften repräsentieren seine Absicht, an der "Leserwelt" teilzunehmen und diese zu entwickeln. Kant begründete nicht nur seine kritische Philosophie, sondern schrieb auch viele Beiträge zur Berlinischen Monatsschrift. Königsberg, wo Kant sein ganzes Leben verbracht hat, war eine große, aber abgelegene Stadt, was die Aufklärung betrifft. Im Vergleich damit war Berlin ein Zentrum der deutschen Aufklärung. Kant stand in regem Briefwechsel mit Schriftstellern, Wissenschaftlern und Aufklärern in Berlin. Seine Schriften über die Religion erschienen auch in der Monatsschrift und wurden später als Religion innerhalb der Grenzen derbloßen Vernunft publiziert. Aber sie wurden am Anfang von der Obrigkeit unter dem preußischen Absolutismus zensiert und seine weiteren religionswissenschaftlichen Abhandlungen schließlich verboten. Im Anschluß daran versuchte er im Streit der Fakultäten (1798), seine Idee von der Universität zu begründen; er stellte den spezifischen Standpunkt der philosophischen Fakultät fest. Er behauptet hier, daß es eine andere Republik an der Universität geben kann. Diese von der politischen Macht (Zensur) freie Republik kann seiner Theorie nach als eine andere Seite der aufklärerischen Vernunft ausgelegt werden. Die "Leserwelt", deren Mitglieder die Vernunft frei und öffentlich gebrauchen können, beschränkt sich bei Kant auf die Universität und verändert sich zur institutionalisierten "Gelehrtenrepublik". Die Universität wird bei ihm neuerdings als Institution der Vernunft gezeigt