Development and validation of processes for human biomonitoring of selenium with special consideration of species analysis and its optimization for preventive medical applications

Das chemische Element Selen kommt als Spurenelement in der belebten wie unbelebten Natur vor. Der menschliche Organismus ist aufgrund der 21. proteinogenen Aminosäure Selenocystein auf eine ausreichende Selenzufuhr angewiesen. Die Versorgung verläuft zum größten Teil über die Nahrung und kann sich zwischen Bevölkerungen aufgrund geographisch unterschiedlicher Selenvorkommen deutlich unterscheiden. Mangelt es einem Individuum an Selen, mangelt es auch an der außergewöhnlichen katalytischen Aktivität von Selenocystein im Zentrum wichtiger Selenoproteine wie der Glutathionperoxidasen. Bei einem Überschuss an Selen können seine äußerst reaktiven metabolischen Intermediate wie Hydrogenselenid durch unkontrollierte Redoxzyklen den Organismus schädigen. Die Spanne, bei der keine pathologischen Effekte auftreten, ist bei Selen vergleichsweise gering. Dank seiner chemischen Eigenschaften, insbesondere der photoelektrischen Eigenschaften des elementaren Selens, gilt es auch als wirtschaftlich lohnenswerter Rohstoff. Die in der industriellen Verarbeitung von Selen auftretende Exposition übersteigt die Hintergrund-belastung in der Umwelt um mehrere Größenordnungen. Zur Erfassung des Selenstatus der Allgemeinbevölkerung und beruflich exponierter Gruppen wird Humanbiomonitoring eingesetzt. Je nach Studiendesign und Forschungsschwerpunkt werden dafür der Gesamtselen-, Selenspezies- oder Selenoprotein-Gehalt in den Matrices Vollblut, Blutplasma, Urin, Erythrozyten, Haaren und Nägeln bestimmt, wobei die Bestimmung von Gesamtselen im Plasma der allgemein empfohlene Biomarker zur Beurteilung des Selenstatus ist. Die vorliegende Dissertation ist im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Studie entstanden. Die ausgewählte Produktions -und Verarbeitungsstätte wies eine Reihe von Arbeitsplätzen auf, bei denen sich die Verteilung von Selen in der Raumluft nicht ausschließen ließ. Um die externe Belastung zu bestimmen, wurden persönliche Luftprobe-nahmen während vollständiger Schichten durchgeführt. Zur Bestimmung des wasser-löslichen und wasserunlöslichen Anteils von Selen in der Raumluft wurde eine geeignete Methode entwickelt und angewandt. Dreizehn der siebzehn exponierten Arbeitnehmer überschritten den Berufsgrenzwert von 20 μg / m³. Neben der absoluten Höhe konnte auch der Anteil der wasserlöslichen Selenfraktion bestimmt und zur Diskussion herangezogen werden. Um die interne Belastung bewerten zu können, wurden sowohl von der beruflich exponierten Gruppe als auch einer geeigneten Kontrollgruppe Blutproben abgegeben. Zunächst wurden Verfahren zur Bestimmung von Gesamt-Selen im Vollblut, im Blutplasma und der Erythrozyten-Fraktion entwickelt bzw. optimiert. Entwicklungsarbeit bestand dabei vor allem in der Bestimmung von Selen in der Erythrozyten-Fraktion, da eine Bestimmungsmethode mittels Standard-Addition erforderlich war. Die angewandten Methoden wurden nach wissenschaftlichen Maßstäben validiert. Die Se-Plasma-Konzentrationen der exponierten Mitarbeiter waren signifikant höher als in der Kontrollgruppe und lagen im Bereich von 61,7 bis 123 μg/ L Plasma. Die berufsbiologische Toleranzgrenze von 150 μg/ L Plasma wurde somit bei keiner der exponierten Personen überschritten. Die Selenkonzentration in der Erythrozyten-Fraktion unterschied sich ebenfalls signifikant von der Kontrollgruppe. Es konnte keine Korrelation für Plasma- oder Erythrozyten-Selen mit der externen Belastung am Arbeitsplatz aufgezeigt werden. Des Weiteren wurden von der exponierten Gruppe und der Kontrollgruppe Urinproben abgegeben. Insbesondere von der beruflich belasteten Gruppe standen Urinproben von vor der Schicht, von nach der Schicht und nach einer mehrwöchigen Pause zur Verfügung. Die Gegenwart von flüchtigen Selenspezies im Urin stellte ein analytisches Problem dar, da die gemessenen Selengehalte im Urin ohne Mineralisierung dieser Verbindungen höher wären. Es wurde eine einfache und kontaminationsarme Technik zur Mineralisierung entwickelt, validiert und angewandt. Die renale Selenausscheidung nach der Schicht war im Vergleich zu den Werten der Proben vor der Schicht sowie der Kontrollen erheblich erhöht. Auch die Selengehalte vor der Schicht wiesen im Vergleich zur Kontrollgruppe höhere Werte auf. Die Selengehalte im Nachschicht-Urin und noch besser die Schichtinkremente korrelierten mit der Luftexposition der vorliegenden Schicht. Ein Teil der Selengehalte im Urin wurde auf die berufliche Exposition aus früheren Schichten zurückgeführt, da in den Analysen vor der Schicht bereits höhere Werte als in der Kontrollgruppe ermittelt wurden. Damit ergab sich ein Hinweis auf eine stetige Akkumulation während aufeinanderfolgender Exposition. Eine grobe Näherung einer Resorptionsrate von 1% wurde auf Basis der Daten ermittelt. Der Selen-Gehalt im Urin hatte sich als ein nützlicher Marker herausgestellt, der neben der Bestimmung des Selen-Gehalts im Plasma seine eigenständige Berechtigung hat, da er deutlich auf die externe Belastung reagierte. Der hohe Selengehalt in den Urinen dieser Studie bot an, dass auf ihrer Basis grundlegende methodische Entwicklungsarbeit vorgenommen werden konnte. Die Entwicklung und Optimierung einer neuen methodischen Herangehensweise war angezeigt, um ein breites Spektrum der Selenspezies im Urin abbilden zu können. Die Methodik umfasste drei verschiedene chromatographische Verfahren, die mit ICP-MS gekoppelt wurden. Auf diese Weise sollten die elf Selenspezies Selenat, Selenit, Selenomethionin, Selenoethionin, Methylselenocystein, Methylseleno-glutathion, Selenozucker 1, Selenozucker 2, Selenozucker 3, die Methylselenige Säure und das Trimethylseleniumion (TMSe) bestimmt werden können. Es gelang, robuste Methoden mit Nachweisgrenzen für diese Spezies im Bereich ≤ 0,1 µg Selen/ L zu entwickeln. Deren Validierung wurde erfolgreich durchgeführt und belegte sowohl die Vergleichbarkeit als auch Verbesserung der entwickelten Methoden. Die Gehalte des Trimethylseleniumions können mit der Standardmethode häufig nicht erfasst werden. Durch Implementierung einer methodischen Variante zur optimierten TMSe-Bestimmung gelang es den Nachweisbereich auf 0,02 µg Selen/ L zu verringern. Die Wirksamkeit konnte am verfügbaren Studienmaterial nachgewiesen werden. Der Ansatz der summierten Anwendung komplementärer, schneller, präziser und leicht umsetzbarer Methoden ermöglichte den Zugang zur Untersuchung eines breiten Spektrums von Selenspezies im ppb- und oberen Sub-ppb-Bereich innerhalb weniger Tage auf einem einzigen Instrument. Die Anwendung der entwickelten Methoden auf die Studienproben offenbarte auch, dass der Hauptmetabolit des Elements im Urin, Seleno-zucker 1, im untersuchten Kontext zum größten Teil zum erhöhten Selengehalt im Urin und dessen Korrelation mit der Raumluft beitrug. Zugleich zeigte die Selenspezies-Analyse im Urin eine mögliche Instabilität von Selenozucker 1 im Urin auf, die möglicherweise mit der unerwarteten Detektion größerer Mengen Methylseleniger Säure im Urin zusammenhing. Selenozucker 1 reproduzierbar über einen längeren Zeitraum bestimmen zu können, setzt dessen Stabilität im Urin voraus. Zur Untersuchung einer möglichen Instabilität von Selenozucker 1 im Urin wurden spezielle Experimente entwickelt. Dafür wurden mit Selenozucker 1 versetzte Urinproben unbehandelt und nach Zugabe von pH-Puffer und/ oder Natriumazid gelagert. Die Selenspezies Selenozucker 1 und Methylselenige Säure wurden mittels der zuvor entwickelten Methode über einen Zeitraum von mehreren Monaten erfasst. Die Instabilität von Selenozucker 1 im Urin konnte nachgewiesen und auf Basis der Ergebnisse erstmalig auf einen konkreten Zerfallsmechanismus zurückgeführt werden. Daneben gelang es den Zerfall von Selenozucker 1 durch Entwicklung eines Stabilisierungsverfahrens so zu inhibieren, dass die Analytik der sonstigen Selenspezies nicht beeinträchtigt wurde. Erst durch diesen Ansatz zur Stabilisierung der Selenspezies konnte die Methodenentwicklung zu ihrer Bestimmung im Urin abgeschlossen werden.The chemical element selenium occurs as a trace element in both animate and inanimate nature. Due to the 21st proteinogenic amino acid selenocysteine, the human organism depends on an adequate selenium intake. The supply is largely through food and can differ significantly between populations due to geographically different selenium deposits. If an individual lacks selenium, it also lacks the exceptional catalytic activity of selenocysteine in the center of important selenoproteins such as glutathione peroxidases. If there is an excess of selenium, its extremely reactive metabolic intermediates such as hydrogen selenide can damage the organism through uncontrolled redox cycles. The range at which no pathological effects occur is comparatively small with selenium. Thanks to its chemical properties, in particular the photoelectric properties of elemental selenium, it is also considered an economically worthwhile raw material. The exposure occurring in the industrial processing of selenium exceeds the background exposure in the environment by several orders of magnitude. Human biomonitoring is used to record the selenium status of the general population and occupationally exposed groups. Depending on the study design and research focus, the total selenium, selenium species or selenoprotein content in the matrices whole blood, blood plasma, urine, red blood cells, hair and nails is determined, whereby the determination of total selenium in plasma is the generally recommended biomarker for assessing the selenium status. The present dissertation was developed as part of an occupational medical study. The selected production and processing facility had a number of workplaces where the distribution of selenium in the personal air could not be excluded. In order to determine external exposure, personal air samples were taken during full shifts. A suitable method was developed and applied to determine the water-soluble and water-insoluble content of selenium in the air. The detection limits for total selenium and selenite / selenate as water-soluble fraction were 1 μg Se or 0.005 µg Se per filter, which corresponded to an estimated 1.19 µg Se or 0.006 µg Se per m³ air. Thirteen of the seventeen exposed workers exceeded the occupational exposure limit (MAK) of 20 μg / m³ (DFG, 2017). In addition to the absolute level, the proportion of the water-soluble selenium fraction could also be determined and used for discussion. In order to be able to assess the internal exposure, blood samples were given from both the occupationally exposed group and a suitable control group. First, methods for determining total selenium in whole blood, in blood plasma and the erythrocyte fraction were developed or optimized. The main development work involved the determination of selenium in the erythrocyte fraction, as a determination method using standard addition was required. The methods used have been validated according to scientific standards. The Se plasma concentrations of the exposed employees were significantly higher than in the control group and ranged from 61.7 to 123 μg / L plasma (median 105 μg / L). The occupational biological tolerance limit (BAT) of 150 μg / L plasma (DFG, 2017) was therefore not exceeded in any of the exposed persons. The selenium concentration in the red blood cell fraction also differed significantly from the control group. No correlation for plasma or red blood cell selenium with the external exposure at the workplace could be shown. Furthermore, urine samples were given from the exposed group and the control group. Urine samples from before the shift, from after the shift and after a break of several weeks were available especially from the occupationally exposed group. The presence of volatile selenium species in the urine posed an analytical problem, since the measured selenium levels in the urine would be higher without mineralization of these compounds. A simple and low-contamination mineralization technique has been developed, validated and applied. The renal excretion of selenium after the shift was significantly increased compared to the values of the samples before the shift and the controls. The selenium levels before the shift also showed higher values compared to the control group. The selenium levels in the post-shift urine and even better the shift increments correlated with the air exposure of the present shift. Some of the selenium content in the urine was traced back to occupational exposure from previous shifts, as the results before the shift were already higher than in the control group. This provided an indication of a steady accumulation during successive exposure. The results suggested that selenium is deposited in the lung tissue after inhalation and can be absorbed by the blood. A rough approximation of an absorption rate of 1% was determined on the basis of the data. The selenium content in urine had turned out to be a useful marker which, in addition to determining the selenium content in plasma, has its own field of application because it reacted clearly to the external exposure. The high selenium content in the urines of this study offered that fundamental methodological development work could be carried out on its basis. The development and optimization of a new methodological approach was indicated in order to be able to map a broad spectrum of selenium species in the urine. The methodology included three different chromatographic processes, reverse phase chromatography, anion exchange chromatography and cation exchange chromatography, which were coupled with ICP-MS. In this way the eleven selenium species selenate, selenite, selenomethionine, selenoethionine, methylselenocysteine, methylselenoglutathione, selenosugar 1, selenosugar 2, selenosugar 3, the methyl selenium acid and the trimethyl selenium ion (TMSe) should be able to be determined. It was possible to develop robust methods with detection limits for these species in the range of ≤ 0.1 µg selenium / L. Their validation was carried out successfully and demonstrated both the comparability and improvement of the methods developed. The levels of trimethyl selenium ion can often not be determined using the standard method. By implementing a methodical variant for the optimized TMSe determination, it was possible to reduce the detection range to 0.02 µg selenium / L. The effectiveness could be proven on the available study material. The approach of the cumulative application of complementary, fast, precise and easily implementable methods enabled access to the investigation of a wide range of selenium species in the ppb and upper sub-ppb range within a few days on a single instrument. The application of the developed methods to the study samples also revealed that the main metabolite of the element in the urine, selenium sugar 1, in the examined context largely contributed to the increased selenium content in the urine and its correlation with the ambient air. At the same time, the selenium species analysis in the urine showed a possible instability of selenosugar 1 in the urine, which may be related to the unexpected detection of large amounts of methyl selenic acid in the urine. To be able to determine selenosugar 1 reproducibly over a longer period of time requires its stability in the urine. Special experiments were developed to investigate the possible instability of selenosugar 1 in urine. For this purpose, urine samples mixed with selenium sugar 1 were stored untreated and after adding pH buffer and / or sodium azide. The selenium species selenosugar 1 and methyl selenic acid were determined over a period of several months using the previously developed method. The instability of selenosugar 1 in the urine was demonstrated and, based on the results, attributed for the first time to a specific disintegration mechanism. In addition, the decay of selenosugar 1 was inhibited by developing a stabilization process without impairing the analysis of the other selenium species. It was only through this approach to stabilize the selenium species that the development of methods for their determination in urine could be completed