Verzögerungsverhalten an urbanen Kreuzungen als Indikator für Aufmerksamkeit beim Rechtsabbiegen

Eine kognitive Voraussetzung für sicheres Autofahren ist die räumliche Repräsentation des umgebenden Fremdverkehrs sowie die Erfassung der Komplexität von Verkehrssituationen. Um sowohl den kognitiven Aufbauprozess der räumlich-situativen Repräsentation von Verkehrsinformationen, als auch deren Beeinträchtigung durch kognitive Ablenkung zu untersuchen, wurde eine experimentelle Untersuchung in einem dynamischen Fahrsimulator durchgeführt. Hierfür fuhren 41 Probanden in einem urbanen Verkehrsszenario und näherten sich jeweils 176 Straßenkreuzungen an, an denen sie entweder links (96 Kreuzungen) oder rechts (80 Kreuzungen) abgebogen, während eine auditiv-räumliche Nebenaufgabe (leicht vs. schwer) zum Zeitpunkt des Passierens der Haltelinie dargeboten wurde. In der vorliegenden Arbeit werden Ergebnisse von fünf verschiedenen Szenarien beim Rechtsabbiegen mit grünem Lichtsignal vorgestellt. Die Szenarien unterschieden sich hinsichtlich der Anzahl und Bewegungsrichtung von Fußgängern und Radfahrern. Dabei wurden die Daten von insgesamt 1508 Kreuzungen analysiert. Als abhängige Variablen wurden Annäherungsgeschwindigkeit, Bremspedalstellung, Bremsreaktionsstärke, Reaktionszeit in der Nebenaufgabe und die Anzahl der korrekt bearbeiteten Nebenaufgaben erfasst. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Komplexität der Szenarien über die Annährungsgeschwindigkeit ausdrückt. Zudem zeigt sich, dass beim Heranfahren an Kreuzungen mit sichtbaren Fahrradfahrern stärker abgebremst wird als an Kreuzungen ohne Fahrradfahrer. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Hinweise zur Aufmerksamkeit von Fahrern über Fahrzeugdaten ermittelt werden können, um so intelligente Fahrerassistenzsysteme mit zusätzlichen Informationen anzureichern