Kommunikative Kompetenz im Medizinstudium : Relevanz und Erwerb von Empathie in der medizinischen Ausbildung

Kommunikation und Arztgespräche gehören zu den Hauptaufgaben eines Arztes, weshalb die Vermittlung kommunikativer Kompetenzen eine immer zentralere Rolle in den Curricula der medizinischen Fakultäten auf der ganzen Welt einnimmt. Die Erlernbarkeit kommunikativer und empathischer Fähigkeiten wurde bereits in zahlreichen Studien belegt. Besonders der Einsatz von Rollenspielen erfährt hierbei große Beachtung. An der Universität Ulm gehört der Kurs „Ärztliche Gesprächsführung und Sozialkompetenz“ seit vielen Jahren zum Pflichtcurriculum des 7. Fachsemesters. Im Rahmen des Kurses führt ein Teil der Kursteilnehmer fiktive Arztgespräche mit Simulationspatienten in vordefinierten Rollen, während der andere Teil die Gespräche beobachtet und anschließend bewertet. Ziel dieser Studie war die Untersuchung des Einflusses der Teilnahme an einem Gesprächsführungskurs auf Empathie und kommunikative Kompetenzen Medizinstudierender sowie auf deren Einschätzung der Relevanz von Empathie im ärztlichen Handeln. In Zusammenschau mit der Literatur wurden Aktivität/Passivität im Rollenspiel, angestrebte Fachrichtung, Alter, Geschlecht und berufliche Vorerfahrung als mögliche Einflussfaktoren identifiziert. Diese Faktoren wurden in der vorliegenden Arbeit ausführlich untersucht. Des Weiteren wurden Unterschiede zwischen den verschiedenen Sichtweisen (Studierende in Arztrolle, beobachtende Studierende, Dozenten/Tutoren, Simulationspatienten) sowie zwischen den verschiedenen Rollen untersucht. Dies erfolgte anhand der standardisierten Fragebögen JSPE-S (Jefferson Scale of Physician Empathy – Student Version), IRI (Interpersonal Reactivity Index) und CARE (Consultation and Relational Empathy). Zur Beurteilung des Kurskonzepts wurden fünf selbst erstellte Fragen verwendet. Insgesamt nahmen 233 Studierende an der Studie teil. Die Einschätzung der Relevanz von Empathie änderte sich genauso wie die eigene Empathie durch die Teilnahme am Kurs nicht signifikant. Auch zwischen aktiv beteiligten Studierenden in Arztrolle und reinen Beobachtern zeigten sich keine signifikanten Unterschiede. Da die Werte jeweils bereits zu Beginn hoch waren, könnte es sich hierbei um einen Deckeneffekt handeln. Zwischen den unterschiedlichen Perspektiven im Kurs gab es bei der Beurteilung der Gespräche höchst signifikante Unterschiede. Die positivsten Bewertungen gaben die Simulationspatienten ab, gefolgt von den Beobachtern, während die Bewertungen von Dozenten/Tutoren und Studierenden in Arztrolle schlechter ausfielen. Ein Grund hierfür ist möglicherweise eine unterschiedliche Erwartungshaltung an die Gespräche. Auch zwischen den unterschiedlichen Rollen der Simulationspatienten ließen sich in den Beurteilungen der Gespräche höchst signifikante Unterschiede nachweisen, wobei ein Grund hierfür vermutlich unterschiedliche Schwierigkeitsgrade der Gespräche sind. Bezogen auf die angestrebte Fachrichtung der Studierenden ließ sich nachweisen, dass Studierende, welche patientenorientierte Fächer anstreben, tendenziell etwas höhere Werte erreichten, als jene, welche technikorientierte Fächer anstreben, wobei sich die Werte in der Postmessung anglichen. Demnach scheint ein Lerneffekt am ehesten bei technisch interessierten Studierenden aufzutreten. Außerdem ist anzunehmen, dass kein kausaler Zusammenhang zwischen (angestrebter) Fachrichtung und Empathiewerten besteht, sondern dass sich Studierende, welche naturgemäß empathischer sind, eher für patientenorientierte Fächer interessieren. Die Korrelation der Empathiewerte mit dem Alter ist sehr klein und tendenziell negativ. Empathie ist demnach also keine Frage des Alters, sondern hängt vermehrt mit anderen Parametern zusammen. Auch zwischen Studierenden mit und ohne Berufserfahrung zeigten sich keine signifikanten Unterschiede. Bezogen auf das Geschlecht zeigten sich bei weiblichen Studienteilnehmerinnen höhere Ausgangswerte als bei männlichen, wobei sich die Werte im Verlauf anglichen. Es lässt sich also vermuten, dass sich Männer durch Übung und Erfahrung den Frauen angleichen können. Die Aussagen zum Lehrkonzept des Kurses wurden alle als weitgehend zutreffend beurteilt, wobei es keine signifikanten Unterschiede zwischen Studierenden in Arztrolle und reinen Beobachtern gab. Das Kurskonzept wurde somit insgesamt als gelungen aufgefasst. Es bleibt zu überlegen, ob eine Ausweitung des Kursumfangs zu stärkeren Veränderungen bei den Studierenden führen könnte. Jeder Teilnehmer sollte demnach mindestens ein Gespräch selbst führen, im besten Falle sogar mehr als eines. Auch die Verwendung schwierigerer Fälle, zum Beispiel mit dem Überbringen von Todesnachrichten würde die Studierenden mehr fördern und somit den Lerneffekt erhöhen. In Zukunft werden kommunikative Kompetenzen in der ärztlichen Ausbildung immer weiter in den Fokus rücken. Somit besteht hier die Möglichkeit weiterer Forschung