Einfluss des Adrenomedullin-Antikörpers HAM 1101 auf Hämodynamik, Nierenfunktion, Inflammation, Apoptose und oxidativen Stress beim septischen Schock der Maus

Die Sepsis ist ein gesellschaftlich relevantes Krankheitsbild mit steigender Prävalenz und hoher Letalität. Im Focus der Sepsisforschung und -therapie stehen heute inflammatorische und apoptotische Prozesse. Der Blick geht über die reine Behandlung mittels Volumengabe, Katecholaminen und Antibiose hinaus. Dem 1993 in Japan erstbeschriebenen Peptidhormon Adrenomedullin wird eine bedeutende Rolle im Verlauf der Sepsis zugesprochen. Es kann für verminderte sowie erhöhte Inflammationsreaktionen sorgen und verbessert die Organperfusion. Hohe Plasmaspiegel sorgen allerdings für reduzierte Myokardkontraktion und erhöhte Vasodilatation mit fatalen Auswirkungen im septischen Schock. So wird Adrenomedullin auch als „zweischneidiges Schwert“ bezeichnet. Ziel dieser Untersuchung war es, einen Antikörper gegen Adrenomedullin zu applizieren und die Auswirkung dessen auf Kreislaufstabilität, Nierenfunktion, Inflammation, Apoptose sowie oxidative Desoxyribonukleinsäure-Schäden im Vergleich zum Nativtier zu untersuchen. Die besondere Relevanz lag darin, dass im gewählten Cecal Ligation and Puncture-Mausmodell mit anschließender intensivmedizinischer Überwachung und Therapie ein Zustand gegeben war, der der humanmedizinischen Realität nahe kommt. Unmittelbar nach Sepsisinduktion mittels Cecal Ligation and Puncture in Kurznarkose wurden der Antikörper anti-Human Adrenomedullin 1101 oder phosphatgepufferte Salzlösung intravenös appliziert. Die Tiere kamen dann wieder erwacht für 14 Stunden zurück in den Käfig, bevor die erneute Narkoseeinleitung mit maschineller Beatmung, hämodynamischem Monitoring und kreislaufunterstützender Therapie begannen. Über fünf Stunden erfolgten stündlich Messungen sowie postmortal die Organentnahme und Untersuchung unter anderem mittels Comet Assay, Western Blot und Electrophoretic Mobility Shift Assay. Es konnte gezeigt werden, dass die antikörperbehandelten Tiere einen deutlich niedrigeren Bedarf an Katecholaminen zur Aufrechterhaltung des Blutdruckes hatten, die Nierenfunktion besser war und dem signifikant niedrigere Expressionen an proinflammatorischen Zyto- und Chemokinen zu Grunde lagen. Auch Apoptoseprozesse waren in der Therapiegruppe deutlich geringer ausgeprägt. Ein Unterschied im Bereich oxidativer Desoxyribonukleinsäureschäden konnte nicht nachgewiesen werden. Da ein kompletter Verlust von Adrenomedullin letal ist, liegt der Benefit der Antikörpertherapie offensichtlich in der Aufrechterhaltung eines gewissen Plasmaspiegels, der eine Grenzüberschreitung nach oben, an der die Nachteile überwiegen, verhindert. Eine Limitation des Versuches war, dass es sich um ein pre-treatment vor dem Auftreten klinischer Sepsiszeichen handelte. Humanmedizinische Relevanz hätte dies beispielsweise nur im Falle eines penetrierenden Abdominaltraumas oder einer beobachteten z.B. iatrogenen Darmperforation. Die Untersuchung einer späteren Gabe und die Umsetzung am Großtiermodell sind notwendig