Untersuchung zu Lebenszufriedenheit und Re-/Migrationswunsch bei Patienten mit Depression und türkischem Migrationshintergrund

Im Rahmen einer retrospektiven Studie wurden die migrationsspezifischen Anamnesedaten von 106 Patienten mit Depression und türkischem Migrationshintergrund aus der Spezialambulanz der Ulmer Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie III unter Verwendung eines halbstrukturierten Fragebogens in Muttersprache analysiert. In dieser Arbeit wurden soziokulturelle Daten von Migranten mit Depression insbesondere zu Lebenszufriedenheit deskriptiv erfasst und Zusammenhänge zwischen Migrationsgrund, Bildungsgrad, Beschäftigungsstatus und Wunsch nach Re-Migration untersucht. Die Auswertung der Daten ergab, dass die Zufriedenheit unter Migranten mit Depression in Ulm mit 45 % relativ hoch lag. Die wesentlichen Faktoren mit Einfluss auf die Zufriedenheit mit den Lebensumständen in Deutschland waren der Beschäftigungsstatus sowie der Migrationsgrund. Patienten, die einer Beschäftigung nachgingen, waren zufriedener als Nichtbeschäftigte. Heiratsmigrantinnen waren deutlich unzufriedener als Patienten, die der zweiten und dritten Generation angehören. Trotz des hohen Anteils von zufriedenen Patientinnen und Patienten war der Wunsch nach Re-Migration mit über 40 % relativ hoch. Dabei zeigte sich, dass Angst vor einer Re-Migration bei mit dem Leben in Deutschland zufriedenen Patienten seltener angegeben wurde als bei Nichtzufriedenen. Von Frauen wurde die Angst vor Re-Migration tendenziell häufiger angegeben als von Männern. Migranten der ersten Generation gaben dagegen seltener Angst vor Re-Migration an als Migranten der zweiten und dritten Generation. Die Daten der vorliegenden Arbeit zeigen, dass die Motivation zu Migration von verschiedenen Faktoren abhängt und eine individuelle differenzierte Anamnese (Migrationsgrund und aktuelle Belastungen) und Behandlung impliziert. Die bisher im sozio-ökonomischen Bereich anerkannten "Push- und Pull-Faktoren" sollten um psychologische Aspekte erweitert werden