und das wird dann einfach eine ganz andere Welt. : Erfahrungen von Exklusion und Armut im Kontext von sozialem Raum und Biographie

Die vorliegende Arbeit thematisiert Exklusionserfahrungen von „Armutsbetroffenen“. Über qualitative Interviews werden ihre subjektiven Sicht- und Erfahrungsweisen auf das Thema erschlossen und damit auf eine Weise rekonstruiert, die nahe an den Sinnzusammenhängen der Gesprächspartner_innen bleibt. Über diese wiederum können die gesellschaftlichen Prozesse erfasst werden, in die individuelle Erfahrung eingebettet ist. Das Interesse der Forschung liegt darin, zu erschließen, wodurch die Interview-partner_innen Exklusion erleben und in welcher Weise Exklusionserfahrungen ihr Leben prägen. Über die Methode des Verstehenden Interviews, die Rekonstruktion der Biographie und stellenweise sequenzanalytische Auswertung werden in einem Wechsel-spiel von empirischer Interpretationsarbeit und theoretischen Konzepten wesentliche Aspekte herausgearbeitet, die relevante Marker im Ausgrenzungserleben der Interview-partner_innen darstellen. Über die emischen Armutsverständnisse der Befragten, die weit über die finanzielle und materielle Dimension von Armut hinausgehen, zeigt sich Ausgrenzung als eine Form von Armut. Denn „Armut“ bedeutet für die Interviewpartner_innen Mangel in unterschiedlichen Lebensbereichen z.B. von Mobilität über Selbstwert bis hin zu Freiheit und die Behinderung in ihren Lebensperspektiven und der Wahrnehmung von Möglichkeiten. Diese Erfahrungen werden biographisch eingebettet, zum einen in Form von „biographischen Brüchen“, auf die hin die Gesprächspartner_innen ihre gegenwärtige Lebenssituation interpretieren. Über die Brüche ergeben sich zum anderen bestimmte Identitätsmerkmale, die den Bezugspunkt des Ausgrenzungserlebens bilden, so z.B. eine Mehrfachbehinderung, die Identität als (Leih-)Arbeiter, eine bewältigte Suchterkrankung oder psychische Erkrankung im Kontext einer Mehrfachbelastung. Über die Erfahrung des Mangels und der Behinderung in ihren Perspektiven entwerfen die Befragten damit sozialen Raum als Möglichkeitsraum und Handlungsraum. Darin ist strukturelle Gewalt eine entscheidende Erfahrung der Begrenzung, denn sie ist gesellschaftlichen Strukturen inhärent und bedingt damit ungleiche Lebenschancen. In Bezug auf den Soziologen Sighard Neckel und seine grundlegende Analyse von sozialer Scham werden weiters „Techniken der Beschämung“ identifiziert, die auf die Absicherung von sozialem Status zielen. Status umfasst in Neckels Verständnis die Verfügbarkeit über sozial relevante Ressourcen sowie die damit verbundene soziale Wertschätzung. Auch dahingehend lassen sich Erfahrungen von Entwertung und Ausgrenzung ausmachen. Auch Handlungsfähigkeit zeigt sich als ein relevanter Bezugspunkt im Ausgrenzungserleben der Befragten. In all den Belastungen, mit denen sie in ihrem Leben konfrontiert sind, lassen sich Ressourcen finden, über die sie ihr Leben bewältigen. Ebenso zeigen sich dabei auch Ressourcen, die gegenwärtig nicht verfügbar sind, jedoch verfügbar gemacht werden müssten, um Ausgrenzung zu beenden.This thesis deals with exclusion experienced by people living in poverty. It is intended to describe in what ways poor people experience exclusion and how their lives are affected. Using qualitative interviews their individual experiences can be adequately researched and thus their social context and different sorts of processes described. Research methods include “das Verstehende Inteview” (“Lentretien compréhensif“) by Jean-Claude Kaufmann (2015) as well as elements of biographical research and sequential analysis. Empirical analysis and theoretical concepts are used to highlight certain factors which shape experiences of exclusion. The interviewees subjective ways of understanding poverty show that poverty not only concerns financial shortage. What is more, it means being “socially handicapped” and being denied essential parts of life, e.g. mobility and self-esteem. So poverty is closely linked to exclusion. The ways in which exclusion is experienced marks biographies. All interviewees identify certain events in their course of their lives which they link to current situations of exclusion. Key factors in this process depend on individual self-perception rather than precarious living conditions, e.g. a working-class background, drug addiction, multiple disabilities or mental problems. Being prevented from pursuing goals and experiencing shortage in many aspects of their lives the interviewees experience social space as a space of possibility and impossibility. Thus, social space is also characterized by social inequality. In this context, structural violence is seen to affect the interviewees lives in many ways Inequality is also experienced with regard to social status. The sociologist Sighard Neckel points out that social status is linked to social appraisal. Certain “shaming techniques” can be identified, which aim to maintain social structures of inequality in favour of socially powerful structures and institutions. Finally, most interviewees do feel empowered to a certain extent to actively cope with precarious living conditions. However, it also becomes clear that they ought to be provided with more support to be able to put an end to their experiences of burden and constraint, according to the author.Abweichender Titel laut Übersetzung der Verfasserin/des VerfassersArbeit an der Bibliothek noch nicht eingelangt - Daten nicht geprüftWien, FH Campus Wien, Masterarb., 2019(VLID)455418