Anemic Cinema

Mich hat vor allem immer die optische Seite des Kinos ergötzt. Anstatt eine Maschine zu erfinden, die sich dreht, so wie ich es in New York gemacht hatte, habe ich mir gesagt: Warum nicht einen Film drehen? Dabei ging es mir gar nicht mal so sehr darum, einen Film als solchen zu machen; es war für mich eher ein ganz praktisches Mittel, meine optischen Ziele zu erreichen. ( ... ) Nein, ich habe keinen Film gedreht: Es war eine geeignete Weise, das zu erreichen, was mir am wichtigsten war. Dieses Kino war übrigens sehr komisch. Man arbeitete Millimeter für Millimeter, denn die Maschinen waren nicht gerade perfekt. Es gab einen kleinen Kreis, es gab markierte Millimeter und wir filmten Bild für Bild. Das Ganze machten wir zwei Wochen lang. Die Apparate konnten die Szene nicht in beliebiger Schnelligkeit aufnehmen. Alles geriet durcheinander. Und wenn man doch relativ schnell drehte, ergab sich ein eigentümlicher optischer Effekt. Wir waren daher gezwungen, die Mechanik aufzugeben und alles selber zu machen. Zurück zur Handarbeit sozusagen. Anemic Cinema besteht aus sich abwechselnden Szenen mit zehn optischen Disks, und neun Scheiben mit Kalauern. Schüttelreime: die Sentenzen bissen sich gegenseitig den Schwanz ab, und zwar so, daß die Kreise sich aufeinander schlängelten. Der Titel des Films selbst hat - wie ein Anagramm - ebenfalls Teil an dieser .Schleifen,- oder Glypten-Ästhetik; Zeichen erzeugen sich unendlich aus derselben Bewegung in einem Raum, der gewissermaßen ohne Realität ist, ein bildlicher Raum aus Wortspielen, ein illusorischer Raum aus optischen Effekten. (Jean Clair