Élites religieuses et politiques dans le sud-est de la monarchie des Habsbourg

Die Bedeutung des Konfessionellen für die Politik war in Ungarn, wo sich anders als in grossen Teilen Europas auch nach dem Ende der Türkenzeit der Absolutismus nicht durchsetzen konnte, auch nach 1700 ungebrochen. Wegen dieses Spätkonfessionalismus wurde die Kirche hier noch im 18. Jahrhundert als klassischer Bündnispartner der Dynastie benötigt. In seiner Studie über die politischgesellschaftliche Rolle der Führungsschicht der katholischen Kirche in Ungarn fragt der Autor für die Zeit von 1740-1780 nach den Wechselbeziehungen zwischen Wiener Hof und katholischem Klerus einerseits, zwischen Staatskirchentum und Ständeverfassung andererseits. Im Mittelpunkt seines Beitrags steht der Pressburger Landtag der Jahre 1764-1765, der für diese Fragen eine wichtige Zäsur markierte. Denn ausgerechnet die kirchlichen Würdenträger, deren Loyalität zum Hof bisher ausser Frage stand, entwickelten sich seither — so die These des Autors — zum Kraftzentrum des ungarischen Ständestaats. Die wichtigste Flugschrift jenes Landtags, die von einem Domherrn verfasste Vexatio dat intellectum, ist in dieser Hinsicht ein herausragendes Dokument : sie gibt durch ihre historisch-rechtliche Argumentation, ihre Ausführungen zur Souveränitäts-und Vertragstheorie, zum Naturrecht und nicht zuletzt zum kirchenrechtlichen Hintergrund in vielfacher Hinsicht Aufichlüsse über die politische Ideenwelt und das politische Selbstverständnis der ungarischen Stände, insbesondere des katholischen Klerus.Der Verfasser stellt zunächst die Grundlinien der Wiener Ungarnpolitik aus Sicht der Geistlichkeit vor, geht dann auf die Hintergründe der ständischen Neupositionierung des Klerus um die Mitte der sechziger Jahre ein und fasst schliesslich die daraus resultierenden Konsequenzen bis in die achtziger Jahre zusammen. Das Scheitern des Pressburger Landtags 17641-1765 und der dadurch hervorgerufene Umdenkprozess des Klerus hatten mehrere Gründe. Die neue Dynamik der Wiener Ungarnpolitk nach 1760 batte die an innere Stabilität und Kontinuität gewohnte ungarische Ständegesellschaft, und vor allem den ungarischen Episkopat, überfirdert ; die Folge war das erneute Aufleben alter Widerstandsformen und Solidarisierungseffekte. Anders als in Osterreich und Böhmen war der hohe Klerus in Ungarn sehr viel weniger von gallikanischen oder febronianischen Stromungen erfasst worden. In der Mehrzahl waren entsprechende Tendenzen scharf zurückgewiesen worden. Nach 1765 wurde der Klerus so vom Bündnispartner zum Konfliktpartner der expandierenden Staatsgewalt. Dieser Wandel lässt sich an der Politik des Wiener Hofes ablesen, der für die kommenden 15 Jahre keinen Landtag mehr in Ungarn einberief Reformen ausschliesslich auf dem Verordnungsweg verwirklichte und die Stellen des Primas und des Palatins lange Jahre vakant liess. Im Ergebnis zeigt das Beispiel der Machtprobe zwischen absolutistischem Herrscheranpruch und standischer Verfassung in der Spätzeit Maria Theresias, wie brüchig im Grande die Fundamente waren, auf denen die Zusammenarbeit zwischen den Habsburgern und Ungarn beruhte. Nur wenige Jahre später, als diese Basis offen in Frage gestellt wurde, musste es schon sehr schwierig werden, die Zusammenarbeit aufrechtzuerhalten. Gerade was den Klerus anbetrifft, so haben Maria Theresia und noch mehr Joseph II. durch ihre überhastete Reformpolitik Gruppen abgestossen, die möglicherweise mit ihnen zusammengearbeitet hätten