Antimikrobielle Wirkung von Kaffee

Moderne Lebensmittelverbraucher erwarten qualitativ hochwertige und sichere Lebensmittel mit einem möglichst langen Haltbarkeitsdatum. Die zahlreichen lebensmittelbedingten Krankheitsausbrüche der letzten Jahre verstärkten diesen Sicherheitsgedanken noch. Die Mehrzahl solcher Ausbrüche ist auf Bakterien zurückzuführen, die sich während der Lagerung im Lebensmittel vermehren, dabei Toxine bilden können und häufig auch zum Verderb der Lebensmittel führen. Deshalb ist es das Ziel vieler Konservierungsmethoden, die vorhandenen Bakterien abzutöten oder sie in ihrem Wachstum zu hindern. Eine sehr effektive Methode im Kampf gegen bakterieninduzierten Lebensmittelverderb ist der Zusatz von Konservierungsstoffen. Da Verbraucher möglichst wenige synthetische Zusatzstoffe im Lebensmittel fordern, die meisten zugelassenen Konservierungsstoffe aber synthetisch hergestellt werden, wird die Nachfrage nach natürlich vorkommenden konservierenden Substanzen immer größer. Trotz intensiver Forschung sind bisher in Europa nur Nisin, Lysozym und Natamycin als natürliche Konservierungsstoffe zugelassen. Allerdings konnte für einige Lebensmittel eine antibakterielle Wirkung nachgewiesen werden. Neben Zitrusfrüchten und Gewürzen, wie Zimt oder Oregano, zählt auch Kaffee zu dieser Lebensmittelgruppe. Er gehört zu den am häufigsten konsumierten Getränken und wird wegen seines Aromas und seiner stimulierenden Wirkung geschätzt. In ersten Versuchen konnte bereits eine antibakterielle Wirkung von Kaffee gegen Escherichia coli, Salmonella enterica, Staphylococcus aureus und Streptococcus mutans gezeigt werden. Ziel dieser Arbeit war es, Inhaltsstoffe und Mechanismen zu identifizieren, die für die antimikrobielle Wirkung von Kaffee verantwortlich sind. Des Weiteren sollte charakterisiert werden, unter welchen Bedingungen diese antimikrobiell wirksamen Substanzen gebildet werden, bzw. diese Mechanismen wirken. Um einen Einsatz als konservierendes Mittel in einem Lebensmittel zu ermöglichen, sollten im nächsten Schritt antimikrobiell wirksame Verbindungen oder Extrakte aus Kaffee isoliert werden. Zunächst wurde die antibakterielle Wirkung von Kaffee auf die beiden Testkeime Escherichia (E.) coli und Listeria (L.) innocua untersucht. Der gramnegative E. coli kommt im menschlichen wie auch im tierischen Darmtrakt vor und eignet sich deshalb sehr gut als Indikator für eine Verunreinigung des Lebensmittels mit Fäkalien. Das grampositive Bakterium L. innocua zeigt sehr große Ähnlichkeit zur pathogenen Spezies Listeria monocytogenes. Listerien sind sehr widerstandsfähig und stellen in der Lebensmittelproduktion häufig ein großes Problem dar. Standardisiert gebrühter Röstkaffee übte auf beide Bakterien eine konzentrationsabhängige antibakterielle Wirkung aus, wohingegen Rohkaffee das Keimwachstum nicht beeinträchtigte. Dies ließ darauf schließen, dass während der Röstung entstandene Verbindungen für den Effekt verantwortlich waren. Ausgewählte natürliche Kaffeeinhaltsstoffe zeigten unter den untersuchten Bedingungen keine (Trigonellin, 5-Hydroxymethylfurfural, Chlorogensäure, Nikotinsäure, Kaffeesäure und Methylglyoxal) oder eine sehr geringe (Koffein, Ferularsäure und die Mischung aller Kaffeeinhaltsstoffe) wachstumshemmende Wirkung auf E. coli. Die Zugabe von Katalase, einem Enzym, welches spezifisch Wasserstoffperoxid zu Wasser und Sauerstoff zersetzt, hob die antimikrobielle Wirkung von Röstkaffee auf E. coli und L. innocua vollständig auf. Demnach spielt Wasserstoffperoxid eine bedeutende Rolle für den antimikrobiellen Effekt von Röstkaffee. Weitere Versuche, in welchen eine sehr gute Korrelation zwischen dem Wasserstoffperoxidgehalt und der antimikrobiellen Wirkung von Röstkaffee nachgewiesen werden konnte, bestätigten diese Schlussfolgerung. Die Untersuchung des Reinstoffes Wasserstoffperoxid führte zu einem konzentrationsabhängigen antibakteriellen Effekt. Jedoch war das in Röstkaffee vorliegende Wasserstoffperoxid wesentlich wirksamer gegen Bakterien als der Reinstoff. Dies ließ sich möglicherweise darauf zurückführen, dass im Kaffee, zusätzlich zu Wasserstoffperoxid, andere antibakterielle Mechanismen wirkten. Eine weitere Erklärung wäre, dass im Gegensatz zum einmal zugegebenen Reinstoff, das Wasserstoffperoxid im Kaffee kontinuierlich freigesetzt wurde. Eine synthetisch hergestellte Mischung von Röstprodukten (erhitzte Ribose-Lysin-Lösung) zeigte ebenfalls einen konzentrationsabhängigen antimikrobiellen Effekt, welcher durch Katalase inhibiert wurde. Dies unterstützte die Hypothese, dass Röstprodukte für die wasserstoffperoxidvermittelte antimikrobielle Wirkung verantwortlich waren. Anschließend wurden die Bedingungen näher untersucht, unter denen Wasserstoffperoxid in Kaffee generiert wird. Dies ist für den möglichen Einsatz als konservierendes Agens sehr wichtig, da überprüft wurde, ob und in welchem Umfang Wasserstoffperoxid unter lebensmittelrelevanten Umgebungen gebildet wird. Während in Rohkaffee (pH 5,5), unabhängig von dessen Konzentration, kein Wasserstoffperoxid detektiert wurde, stieg der Wasserstoffperoxidgehalt mit zunehmender Röstkaffeekonzentration (pH 5,5) bis zu einem Maximum von 210 µM an. Danach fiel er wieder um etwa 10 % ab. Diese Abnahme lässt sich dadurch erklären, dass Kaffee nicht nur prooxidative, sondern auch antioxidative Inhaltsstoffe beinhaltet, welche Wasserstoffperoxid abbauen können. Des Weiteren wies die Wasserstoffperoxidkonzentration in Röstkaffee eine deutliche pH-Wertabhängigkeit auf. So stieg die maximal gebildete Wasserstoffperoxidmenge mit zunehmenden pH-Wert an. In Rohkaffeeextrakten mit pH-Werten unter 6,5 wurde kein Wasserstoffperoxid detektiert, oberhalb davon stieg die Wasserstoffperoxidkonzentration mit dem pH-Wert an. Die maximal gebildete Wasserstoffperoxidmenge lag allerdings immer unter der von Röstkaffee. Da in Rohkaffee mit niedrigen pH-Werten kein Wasserstoffperoxid nachgewiesen wurde, konnte davon ausgegangen werden, dass bei diesen pH-Werten in Röstkaffee Wasserstoffperoxid nur über Röstprodukte gebildet wurde. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass Wasserstoffperoxid in Röstkaffeeextrakten in Abhängigkeit der Zeit, der Temperatur, des pH-Werts und der Kaffeekonzentration neu gebildet wird. Durch Gefriertrocknung wurde eine Lagermöglichkeit für Kaffeeextrakte gefunden, bei der die Wasserstoffperoxidkonzentration des wieder aufgelösten Lyophilisats der von frischem Kaffee sehr gut entsprach. Somit wurde gezeigt, dass das antimikrobiell wirksame Agens von Kaffee, nämlich Wasserstoffperoxid, konstant und reproduzierbar gebildet werden kann. Im Kaffee liegen demnach Verbindungen vor, welche während der Röstung entstehen und welche über die Reduktion von Sauerstoff antimikrobiell wirksames Wasserstoffperoxid generieren können. Im nächsten Schritt wurden verschiedene Trenntechniken angewandt, um wasserstoffperoxidbildende Bestandteile aus Röstkaffee zu isolieren. Die Fraktionierung von Röstkaffee mittels Ultrafiltration, welche Kaffeebestandteile ihrer Größe nach separierte, ließ darauf schließen, dass niedermolekulare Stoffe für die Wasserstoffperoxidbildung verantwortlich waren. Eine daraufhin durchgeführte Größenausschlusschromatographie trennte den Röstkaffee, allerdings nicht nur auf Grund der Molekülgrößen, sondern auch abhängig von der Polarität der Kaffeebestandteile. Diese polaritätsbasierte Separation erschien vielversprechend, weshalb eine selektive Lösungsmittelextraktion durchgeführt wurde. Während mittels einer Lösungsmittelextraktion mit Ethylacetat kaum Substanzen aus dem Kaffee isoliert werden konnten, wurde mit 85 %igem Ethanol eine wasserstoffperoxidproduzierende Fraktion gewonnen, welche in mikrobiologischen Untersuchungen antibakterielle Wirkungen gegen E. coli zeigte. Die Fraktion, welche die höchsten Wasserstoffperoxidkonzentrationen generierte, wies aber eine verminderte Löslichkeit in Wasser auf. Im Hinblick auf einen möglichen Einsatz als konservierender Extrakt in einem Lebensmittel, war die Wasserlöslichkeit allerdings erwünscht. Deshalb wurde eine weitere polaritätsbasierte Trennung mittels Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) durchgeführt. Dabei konnte eine sehr aktive, d. h. wasserstoffperoxidproduzierende Fraktion erhalten werden, welche eine antibakterielle Wirkung zeigte. Anschließend wurden aktive Fraktionen photometrisch und massenspektrometrisch charakterisiert. Dies stellte den ersten Schritt zur Aufklärung, welche Kaffeeinhaltsstoffe bzw. welche Strukturelemente von Kaffeeinhaltsstoffen für die Produktion des Wasserstoffperoxids verantwortlich sind, dar. Eine genauere Untersuchung und möglicherweise Aufklärung dieser Prozesse sollte in weiterführenden Studien erfolgen. Als Letztes wurde überprüft, ob störende aromaaktive oder physiologisch wirksame Komponenten durch die Fraktionierung mittels HPLC ausreichend abgetrennt worden waren. Dabei konnte gezeigt werden, dass Koffein, Trigonellin und die Diterpene Kafestol und Kahweol erfolgreich separiert wurden. Des Weiteren wurde in einer Aromaprofilanalyse die Intensität des Aromas der isolierten Fraktionen als sehr schwach wahrnehmbar beurteilt. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Fraktion als konservierender Zusatz nur einen minimalen bis keinen Einfluss auf das Gesamtaroma des verzehrfertigen Produkts zeigt. Die Anwendung als konservierender Zusatz in Lebensmitteln oder Verpackungsmaterialien sollte in weiteren Studien untersucht werden.Consumers expect safe food of high quality and long shelf life. Moreover, the occurance of numerous food-related diseases during the past years even strengthens the demand for increased food safety. The majority of these diseases is caused by bacteria, which grow during food storage. These bacteria can produce toxins and will further spoil the respective foodstuff. As a consequence, most preservation methods aim to inhibit bacterial growth. A very effective tool to reduce food related diseases is the addition of preservatives. Since the consumer's acceptance of synthetic preservatives is decreasing, but most registered additives are of artificial origin, the need for naturally occurring and preserving substances increases. Despite of intensive research, still only nisin, lysozyme, and natamycin are accredited in Europe. Up to date, antibacterial activity has been proven for several foodstuffs e. g. for spices like cinnamon and oregano, for citrus fruits, and for coffee. Coffee is one of the most popular beverages worldwide and appreciated for its aromatic flavor and its stimulating effect. Several studies have observed an antimicrobial activity of coffee against Escherichia coli, Salmonella enterica, Staphylococcus aureus, and Streptococcus mutans, suggesting that coffee or active ingredients thereof may eventually be used as natural food preservatives. The aim of the work was to identify the underlying mechanisms and the components responsible for the antimicrobial activity of coffee. Furthermore, the conditions for the formation of active ingredients should be characterized. In order to use the identified active ingredients as natural preserving compounds in food production, those active substances needed to be isolated from the beverage. As a first step, the antibacterial effect of coffee against two bacteria, Escherichia (E.) coli and Listeria (L.) innocua, was investigated. E. coli is a gram-negative bacterium that can be found in the intestinal tract of humans or animals; it therefore serves as an indicator for fecal contamination of food. L. innocua is a gram-positive bacterium with a high prevalence in food and a close similarity to the pathogenic species Listeria monocytogenes. Because of its high resistance, the presence of Listeria spp. is a well-known and common problem within the industrial food production. In this study, roasted coffee showed a concentration-dependent antibacterial effect against both tested bacteria strains. In contrast, raw coffee did not exert any antimicrobial activity, indicating that the active components are generated during the roasting process. Eight selected coffee ingredients showed no (trigonelline, 5-hydroxy methylfurfural, chlorogenic acid, nicotinic acid, caffeic acid, and methylglyoxal) or a very small yet significant (caffeine, ferulic acid, and a mixture of all of them) inhibitory effect against E. coli under the tested conditions. Addition of catalase, an enzyme which specfically decomposes hydrogen peroxide to water and oxygen, lead to a complete suppression of the observed antibacterial activity of coffee against both tested bacteria. This indicates that hydrogen peroxide might play a key role in the mechanism responsible for the antimicrobial activity of coffee. This conclusion was further supported by experiments showing a direct correlation of the hydrogen peroxide concentration and the antibacterial activity of roasted coffee. Addition of hydrogen peroxide alone also showed a concentration-dependent antibacterial effect, but it was not as effective as roasted coffee. These results lead to the assumption that there might be a synergistic mechanism generating the antimicrobial activity of coffee or that the hydrogen peroxide is generated continously. In a next step, a model mixture simulating the roasting products of coffee was generated by heating an equimolare solution of lysine and ribose. This mixture showed a concentration-dependent antibacterial effect, which could be inhibited by the addition of catalase. These results supported the assumption of roasting products being responsible for the hydrogen peroxide related antimicrobial effect. As a consequence, the second part of the study focused on the formation parameters of hydrogen peroxide in coffee. In order to use coffee extracts as preserving compounds in food, it is important to know if and to what extent hydrogen peroxide as antimicrobial agent is generated under food related conditions. In brew of raw coffee (pH 5.5), no hydrogen peroxide could be detected under any applied concentration. In roasted coffee (pH 5.5), in contrast, hydrogen peroxide content increased with rising coffee concentration up to a maximum value of 210 µM. Subsequently, a slight decline of about 10 % could be observed presumably caused by antioxidative effects of coffee ingredients. It was further shown that the hydrogen peroxide concentration was highly dependent on the pH value of the beverage: the higher the pH value, the higher the hydrogen peroxide concentration in roasted coffee brew. In raw coffee brew with pH values below 6.5 no hydrogen peroxide could be detected. Above pH 6.5, the hydrogen peroxide content increased with coffee concentration. However, the maximum hydrogen peroxide concentration in raw coffee was always lower than in roasted coffee brew. As there was no hydrogen peroxide detectable in raw coffee brew below pH 6.5, the generation of hydrogen peroxide in roasted coffee below that pH can be attributed to roasting products. De novo generation of hydrogen peroxide in coffee depended on time, temperature, pH value, and the applied coffee concentration. With the use of freeze-drying methods we were able to preserve the ability of coffee to produce hydrogen peroxide during storage; the generated concentrations of hydrogen peroxide in lyophilized and freshly brewed coffee were comparable. This shows that hydrogen peroxide as the antimicrobial agent of coffee was formed constantly and reproducibly from roasting products of coffee through reduction of oxygen. As a next step, the hydrogen peroxide-generating coffee components were enriched using different techniques. Fractionation of the coffee brew by ultrafiltration indicated that low molecular weight substances were responsible for the hydrogen peroxide production. To further separate the active ingredients by their molecular weight, size exclusion chromatography was applied. However, this technique separates coffee not only based on the molecular size but also according to the polarity of the coffee compounds. Since the polarity based separation showed promising results, another polarity-based separation technique was employed. Selective solvent extraction with ethyl acetate hardly extracted any substances, but the extraction with 85 % ethanol yielded a hydrogen peroxide generating fraction. This fraction showed good antibacterial activity against E. coli, but its solubility in water was reduced. An application of this isolated fraction as a natural preservative in aqueous food is therefore limited. The next separation technique applied was high performance liquid chromatography (HPLC), which separates components based on their polarity. As a result, a highly active hydrogen peroxide producing fraction was isolated, that showed an antibacterial activity. Photometrical and mass spectrometric analyses were used to characterize active fractions. This was the first step to elucidate which ingredients or mechanisms in coffee are responsible for the generation of hydrogen peroxide. A closer examination and a further elucidation of the hydrogen peroxide producing mechanism in coffee should be tackled in additional studies. In the final part of the study, it was analyzed if interfering aromatic or physiological active components of coffee were sufficient removed through HPLC fractionation. It could be demonstrated, that caffeine, trigonelline, and the diterpenes cafestol and kahweol were successfully separated. Furthermore, an analysis of the aroma profile revealed that the odor intensity of the isolated fractions is very low. Their application as preserving additive would therefore have no or just a very small influence on the flavor of the preserved food. Thus, we have shown that coffee extracts are generally suitable as preserving supplements in foodstuffs or food grade packaging. Their application as promising natural preserving additives should be investigated in further studies