Entgrenzter Kinderwunsch? : die nicht-indizierte vorgeburtliche Geschlechtsbestimmung als ethisches Problemfeld

Durch neueste medizinische Technologien und den fortschreitenden Erkenntnisstand auf dem Gebiet der modernen Gentechnologie, Reproduktions- und Pränatalmedizin hat sich das Spektrum des Machbaren stark erweitert. Daraus resultiert das Erfordernis einer neuen Grenzziehung ethisch legitimer Anwendungen.Im reproduktionsmedizinischen Kontext ist die Bestimmung des Kindsgeschlechts schon präkonzeptionell oder präimplantativ möglich. Bei einer bereits bestehenden Schwangerschaft nach traditioneller Zeugung, gelingt dies mittels neuester Gentests oder moderner Ultraschalltechnologie noch vor Überschreiten der straffreien Abtreibungsgrenze. Diese frühen Optionen der Geschlechtsdetermination sind oftmals mit dem Selektionsgedanken von Seiten der Eltern verknüpft. Zunehmend mehr Paare auch in westlich industrialisierten Gesellschaften wünschen sich, das Geschlecht aus diversen Gründen zu wählen. Diese Motive können kulturell-religiöser Natur sein, ihnen kann das Idealbild des Family Balancing zugrunde liegen oder sie entspringen reiner elterlicher Willkür im Sinne des viel zitierten "anything goes". Es zeigt sich, dass die gesellschaftlichen Erwartungen an das wachsende Feld der Reproduktionsmedizin und Pränataldiagnostik eine ethisch fragwürdige Ausdehnung auf nicht-medizinisch motivierte Anwendungsbereiche erfahren.Die erweiterte reproduktive Freiheit der Eltern stellt zweifellos ein hohes Gut in unserer pluralistischen Gesellschaft dar, dennoch heißt das nicht zwangsläufig, dass es von Elternseite das Recht auf ihre uneingeschränkte Beanspruchung gibt und dass einem grenzenlosen Wunschkind-Denken keine Riegel vorgeschoben werden können. Eine sorgfältige medizinische Erörterung und ethische Reflexion der Praktiken der nicht-indizierten vorgeburtlichen Geschlechtsselektion zeigen ihre Verwobenheit mit juristischen, gesellschaftlichen, biopolitischen und medizinethischen Fragestellungen und Diskussionen, die in der vorliegenden Arbeit umfassend dargestellt werden.The latest medical technologies and the advancing state of knowledge in the field of modern genetic engineering, reproductive and prenatal medicine have significantly expanded the spectrum of feasibility. From this follows that it is necessary to prescribe a new demarcation of ethically legitimate applications.In the reproductive medical context, the determination of the babys sex is already possible preconceptionally or in terms of pre-implantation. In the case of an existing pregnancy after conventional procreation, this is achieved by recent genetic tests or modern ultrasound technology even before the legally-permitted abortion limit has been passed. These early options for gender determination are often connected to the idea of selection on the part of the parents. Increasingly more couples, even in western industrialized societies, wish to choose the sex for a variety of reasons. These motifs can be culturally-religious in nature, they can be based on the ideal image of family balancing or they come from pure parental arbitrariness in the sense of the much-cited “anything goes”. It turns out that societal expectations of the growing field of reproductive medicine and prenatal diagnostics lead to an ethically questionable expansion to non-medically motivated applications.The extended reproductive freedom of the parents undoubtedly represents a great achievement in our pluralistic society. Yet this doesnt necessarily mean that the parents have the right to the unrestricted use of their autonomy and that its not possible to put a stop to the unlimited “desire-child” thinking.A careful medical discussion and varied ethical reflection on the practices of non-indicated prenatal sex selection reveal their interconnection with legal, societal, biopolitical and medical-ethic issues and discussions, which are examined in this work.eingereicht von MMMag. Carina PoschAbweichender Titel laut Übersetzung des Verfassers/der VerfasserinKarl-Franzens-Universität Graz, Masterarbeit, 2018(VLID)327863